Süddeutsche Zeitung

Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Robert Pattinson tritt als neuer "Batman" an, und Peter Dinklage spielt den Dichter der Herzen, Cyrano de Bergerac. Die Starts der Woche in Kürze.

Von den SZ-Kritikern

The Batman

Fritz Göttler: "I am vengeance" ... Ich bin die Rache, erklärt Batman den dunklen Typen auf den Straßen von Gotham City, dann schlägt er hart und wuchtig zu. Matt Reeves, zuletzt als "Planet der Affen"-Regisseur erfolgreich, hat die DC-Comic-Figur, nach Christopher Nolans Trilogie, noch merklich weiter noirisiert. Und in Robert Pattinson, dem Star aus den "Twilight"-Filmen und dem Independent-Juwel "Good Time" der Safdie-Brüder, einen müden fragilen Burschen gefunden, der ohne sein schweres Lederkostüm nur verstört wirkt, mit dunklen Flecken in seiner Familiengeschichte und schwarzer Schminke unter den Augen, alleingelassen mit der Frage, ob er wirklich der Richtige ist, um über Recht und Ordnung zu entscheiden.

The Card Counter

Tobias Kniebe: Ein Blick in die Augen von Bill (Oscar Isaac), und man weiß: Dieser Mann wird von seiner Vergangenheit verfolgt. Bill spielt Blackjack und Poker in wechselnden Casinos, mathematisch und methodisch. Er gewinnt, aber nie sehr hoch, sucht Trost in Routine und Wiederholung. Nächtliche Albträume zeigen ihn als Soldaten, als Folterer in Abu Ghraib im Irak, für diese Taten saß er lange im Knast. Nun stört ein junger Mann seine Ruhe, weckt Schuldgefühle und Rachefantasien gegen die Vorgesetzten, die ungestraft davonkamen, macht Hoffnung auf eine späte Erlösung. Der Filmemacher Paul Schrader fügt seiner großen Galerie von Suchenden und Gequälten (wie dem "Taxi Driver") ein weiteres sehr starkes Porträt hinzu. Einer der besten Filme des letzten Jahres.

Coppelia

Annett Scheffel: Jeff Tudor, Steven de Beul und Ben Tesseur wandeln zwischen den Medien: Das Regie-Trio hat Léo Delibes Ballettklassiker in eine quietschbunte Animationswelt verfrachtet, die den Technicolor-Rausch alter Disneymärchen heraufbeschwört. Dazu tanzt ein real gefilmtes Ensemble aus internationalen Ballettstars. Die Kamera folgt den Choreografien mit schwerelosen Bewegungen, und auch die virtuellen Bilderwelten sind zunächst aufregend - man bekommt diese Art von Farbspektakel ja kaum noch zu sehen. Vor allem wegen der monotonen, neu komponierten Musik und einer Theatralik, die auf der Bühne besser funktioniert als im Kino, geht die Magie aber schnell verloren.

Cyrano

Anke Sterneborg: Der Theaterklassiker "Cyrano de Bergerac" als Musical adaptiert von Erica Schmidt, die als Ehefrau des kleinwüchsigen Peter Dinklage eine besondere Perspektive auf den Stoff hat. Zu dritt geben die Autorin, der Darsteller und Joe Wright als Regisseur dem luftigen Spiel der Verwechslungen, in dem sich zwei um dieselbe Frau werbende Männer perfekt ergänzen, neue Tiefe und Universalität. Gedreht wurde im sizilianischen Barockstädtchen Noto, das ganz real zur Bühne wurde, auf der sich die Wunder des Theaters und des Kinos entfalten. Und die Übergänge von der Realität zum Musical, vom Sprechen zum Singen und von alltäglichen Arbeitsabläufen zur ausgefeilten Tanzchoreografie sind so fließend, dass man sich sehr gern mitreißen lässt.

Dem Leben entgegen - Kindertransporte nach Schweden

Doris Kuhn: 1939 gab Schweden rund 500 jüdischen Kindern aus Deutschland Asyl. Sie wurden vor dem Holocaust bewahrt, die meisten ihrer Eltern nicht. Gülseren Sengezer spricht mit vier dieser Überlebenden über ihre Erinnerungen. Sie erzählen langsam, die Kamera kommt ihnen nah wie ihre Worte uns. Man erfährt von Abschied und einsamem Neubeginn, vom Leid, das bis heute blieb - eine sehr persönliche Rekapitulation des antisemitischen NS-Terrors und der fürchterlichen Konsequenzen.

Der Pate (Wiederaufführung)

Philipp Stadelmaier: Nach dem Mafia-Bestseller von Mario Puzo drehte Francis Ford Coppola mit gerade mal 31 Jahren (und konfrontiert mit zahllosen Konflikten bei der Produktion) diesen Klassiker der Filmgeschichte, der ebenso episches Stillleben ist wie intimes Familienporträt. Die Dunkelheit, die Ruhe, die Schwere der Körper, die gestopften Backen von Marlon Brando und das genial zurückgenommene Spiel von Al Pacino, all das kann man nun wieder dort bewundern, wo es hingehört: im Kino.

Trouble Every Day

Sofia Glasl: Wie ein Tier hält der Arzt Léo seine Freundin Coré in einem Zimmer, muss sie nachts immer wieder einfangen, wenn sie auf Beutezug geht. Erst verführt sie fremde Männer, um sie dann entstellt zurückzulassen. Wahnsinn, Begierde und Macht sind die Triebfedern in Claire Denis' Film und spitzen sich in Szenen blutiger Rage zu. Kamerafrau Agnès Godard macht die atemberaubende Béatrice Dalle zu einer ambivalenten Figur - betörend und abstoßend zugleich. Zwanzig Jahre nach der Premiere in Cannes ist die sinnlich-kannibalistische Horrorfantasie nun auch hier im Kino zu sehen und würdigt Denis als Wegbereiterin für ein transgressives weibliches Kino, dem etwa Julia Ducournau mit "Raw" und "Titane" viel verdankt.

Was tun

Josef Grübl: Wenn Künstler mit ihrem Werk die Welt verändern wollen, kann das gut für die Welt sein - für das Werk gilt das eher selten. Der Schauspieler Michael Kranz fährt in seinem Debüt als Dokumentarfilmer nach Bangladesch, um eine minderjährige Zwangsprostituierte zu suchen, die er in einem Film sah. Vor Ort sammelt er Spenden und gründet ein Kinderheim, sogar das Mädchen findet er. Das ist gut. Aber macht das auch den Film gut, den man leicht als Image-Booster in eigener Sache abtun könnte? Kranz weiß um diese Gefahr, er geht sie frontal an, hadert mit sich, hinterfragt sein Handeln. Und am Ende öffnet ihm die Kamera Türen, die sonst wohl verschlossen blieben.

Wood

Anke Sterneborg: Ein dokumentarischer Undercover-Agententhriller, der den Wegen des illegal gerodeten Holzes folgt, von Rumänien und Peru über China bis nach Amerika und Österreich. Michaela Kirst, Ebba Sinzinger und Monica Lãzurean-Gorgan begleiten Alexander von Bismarck, den Leiter der NGO "Environmental Investigation Agency" bei seinem ausdauernden Kampf gegen die internationale Holzmafia. Mit fingierten Identitäten potenzieller Käufer und Verkäufer infiltrieren er und seine Mitstreiter die mafiösen Strukturen mächtiger Firmen, allen voran den österreichischen Schweighofer-Konzern. Mit Drohnen, versteckten Kameras und Mikrofonen sammeln sie Beweise, die sie der Presse und den Regierungen zuspielen.

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