Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

In "Five Fingers For Marseille" verschmelzen geschickt Motive des Western mit postkolonialen Spannungen, der neue "Shaft" will dagegen nicht so recht zünden.

Von den SZ-Kinokritikern

1 / 10

Ein Becken voller Männer

Kinostart - 'Ein Becken voller Männer'

Quelle: dpa

Es braucht nicht gar so viel, um im Team dabei zu sein: Willensstärke, Grazie, Rhythmus und eine gesunde Lebensweise. Mathieu Amalric macht neben anderen mit. Das Team treibt Synchronschwimmen, mit Männern. Das hilft gegen Depressionen, Versagen im Unternehmen oder im Showbusiness, und am Ende traut sich die Kleinstadt-Amateur-Truppe, die Weltmeisterschaft aufzumischen. Der Film von Gilles Lellouche lief 2018 in Cannes, lockte Millionen Franzosen ins Kino. Die Miseren, um die es geht, sind inszeniert mit der Lust an der Geometrie, dem viereckigen Becken und den runden ornamentalen Formen, zu denen die Schwimmer sich konfigurieren.

Fritz Göttler

2 / 10

Mamacita

Mamacita

Quelle: Real Fiction Filmverleih

Ihrem Enkel hat die mexikanische Großmutter das Versprechen abgerungen, einen Film über sie zu machen. Sie kämpfte sich einst zur Königin eines Beauty-Imperiums hoch. Die exzentrische 95-jährige Señora mit viel Make-up und in prächtigen Hausgewändern ist ein fabelhafter Gegenstand für ein Porträt. Zumal aus dem Eitelkeitsprojekt einer Matriarchin auch ein emotionales wird, weil José Pablo Estrada Torrescano alte Familiengeheimnisse freilegt. Ein Film über den Preis des Aufstiegs und die unausgesprochenen Bande zwischen den Generationen.

Annett Scheffel

3 / 10

Das melancholische Mädchen

Kinostart - 'Das melancholische Mädchen'

Quelle: dpa

Am Anfang warnt uns das melancholische Mädchen (Marie Rathscheck) ganz direkt, dass mit ihm nichts anzufangen sei, dass es im Folgenden weder wirklich etwas erleben noch eine Entwicklung durchmachen werde. Dann lässt es sich von den unterschiedlichsten Typen aufgabeln, führt mit entfremdeter Stimme drollige Gespräche, isst nackt Spaghetti ohne alles und sagt Sachen wie: "Ich warte auf das Ende des Kapitalismus". Wer dabei an die nonchalanten Herzensbrecherinnen beim frühen Godard denkt, liegt genau richtig, hat die sehr feministischen Intentionen der Regisseurin Susanne Heinrich aber womöglich missverstanden.

Tobias Kniebe

4 / 10

Nuestro Tiempo

-

Quelle: Les Films du Losange

Regisseur Carlos Reygadas und seine Frau Natalia López spielen das Paar im Zentrum der Handlung, mexikanische Ranchbesitzer, deren Ehe durch einen Dritten auf die Probe gestellt wird. Das Beziehungsgeschehen entfaltet sich wunderbar in der Weite der Landschaft und knapp drei Stunden Laufzeit, die zeigen, dass zu einer Liebesgeschichte mehr als zwei gehören, nämlich drei, und auch sonst die ganze Welt.

Philipp Stadelmaier

5 / 10

Pets 2

Kinostart - 'Pets 2'

Quelle: dpa

Die Story ist haarsträubend, was nicht nur an den zahlreichen Fellviechern liegt, die in diesem Sequel Chris Renaud und Jonathan del Val ihren Auftritt haben. Terrier Max und sein großer Kumpel Duke sind natürlich wieder mit von der Partie. Max wird Vater. Er entwickelt sich dadurch zum überbehütenden Helikopterhund. Außerdem braucht ein trauriger Tiger Hilfe. Der krude Plot ist glücklicherweise nur ein Vorwand, um popkulturelles Erbe, von den Superhelden bis zu transsylvanischen Finsterlingen, nach allen Regeln der Trickkunst zu parodieren. Dabei ist auch Harrison Ford als Stimme des Hütehundes Rooster.

Martina Knoben

6 / 10

They Shall Not Grow Old

Kinostart - 'They shall not grow old'

Quelle: dpa

Der Erste Weltkrieg in Farbe und 3D! "Herr der Ringe"-Regisseur Peter Jackson hat dafür hundert Jahre altes Filmmaterial aus dem Imperial War Museum in London digital koloriert und aufgearbeitet und mit ebenfalls aus dem Archiv stammenden Aussagen ehemaliger Soldaten zu einem Frontbericht montiert. Neue Erkenntnisse bringt das nicht. Der Effekt durch die Bearbeitung aber ist erstaunlich: Statt aus sicherer historischer Distanz auf den großen weltverändernden Krieg zu schauen, ist der Zuschauer mittendrin und scheinbar live dabei, im Schlamm und im Schützengraben.

Martina Knoben

7 / 10

Wenn Fliegen träumen

Kinostart - 'Wenn Fliegen träumen'

Quelle: dpa

Zwei Halbschwestern, die sich bis dahin noch nie gesehen haben, fahren mit einem alten Feuerwehrauto nach Norwegen, um ein Erbe anzutreten. Die eine ist schwarz, die andere weiß, die eine lacht, die andere hat Krebs. Unterwegs finden sie zusammen und zu neuen Freunden. "Skurril" ist das Schlüsselwort in Katharina Wackernagels Roadmovie, was es nicht rasend lustig macht, aber dafür sorgt, dass keine Sentimentalitäten aufkommen.

Doris Kuhn

8 / 10

Shaft

-

Quelle: AP

Der erste John Shaft (Richard Roundtree) ist heute ein gutaussehender Opa, sein Sohn (Samuel L. Jackson) auch schon ein Privatdetektiv im Rentenalter. Der Enkel (Jessie Usher) aber wuchs fern der harten Straßen von Harlem auf, seine Mutter hat ihn zur Millennial-Karikatur erzogen, respektvoll, zartbesaitet, spießig, weltfremd. Ein ermordeter Freund im alten Revier bringt die Generationen unter der Regie von Tim Story zusammen, aber der Culture Clash mit unkorrekten "Black Private Dick"-Witzen zündet so wenig wie der Plot. Nur der Sound der alten Wah-Wah-Gitarre macht wie immer gute Laune.

Tobias Kniebe

9 / 10

Wo ist Kyra?

Kinostart - 'Wo ist Kyra?'

Quelle: dpa/Verleih

Nach dem Tod ihrer Mutter schlüpft Kyra in deren Rolle, um weiter ihre Rentenschecks zu kassieren - weil sie keinen Job findet. Der nigerianische Photograph und Filmemacher Andrew Dosunmu zeigt in seinem stilisierten Sozialdrama intelligent die Abnutzung zweier (älterer) Hollywoodstars, Michelle Pfeiffer und Kiefer Sutherland, die oft im Dunkeln verschwinden - und heute sicher auch oft um neue Jobs kämpfen müssen.

Philipp Stadelmaier

10 / 10

Five Fingers for Marseille

Five Fingers for Marseilles; Five Fingers for Marseille

Quelle: Graham Bartholomew; Drop-Out Cinema eG

Während der Apartheid schließen fünf südafrikanische Teenager den Pakt, ihr kleines Steppenkaff gegen die Schikanen der weißen Polizisten zu verteidigen. Nachdem der hitzköpfige Tau zwei Cops erschießt, muss er fliehen, Jahre später kehrt er zurück. Michael Matthews verschmilzt Motive des Western mit postkolonialen Spannungen. Wunderschön fotografierte Formationen der Landschaft und des Himmels übernehmen eine tragende Rolle. Die Pferde haben die Jungs gegen Mopeds und Räder eingetauscht.

Anke Sterneborg

© SZ.de/qli
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