Filmstarts der Woche:Welche Kinofilme sich lohnen und welche nicht

"Born to be blue" erklärt die zerstörerische Wechselwirkung von Jazz und Drogen. In "Giulias großes Rennen" wird eine Auto-Wettfahrt zur Lebensmetapher.

Von den SZ-Filmkritikern

Born to be blue

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(Foto: dpa)

Der Regisseur Robert Budreau und der ehemalige Hollywoodstar Ethan Hawke haben den genialischen, aber leider sehr drogensüchtigen Jazztrompeter Chet Baker in ein weinerliches Wrack verwandelt, das pseudophilosophischen Mist murmelt. Es hilft auch nicht, dass Bakers Meisterwerke von einer mittelmäßigen kanadischen Band nachgespielt werden und Hawke selbst singt. Aber selbst wenn man für Jazz nichts übrig hat, ist der Film als Film recht fad. So verliert das Kino gegen Youtube. Da findet man grandiose Aufnahmen von Baker. Ein belgisches Konzert von 1964 zum Beispiel. Oder ein Interview von 1980, in dem er sehr klar (und in flüssigem Italienisch) die zerstörerische Wechselwirkung von Jazz und Drogen erklärt.

The Dinner

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(Foto: Verleih)

Oren Moverman hat den Roman "Angerichtet" von Herman Koch adaptiert - und die Geschichte zweier Paare, die sich in die Wolle kriegen, während sie in einem Luxusrestaurant die Untaten ihrer Kinder diskutieren, macht sich ganz gut in Trump-Land. Richard Gere spielt einen Washingtoner Abgeordneten mit Rest-Moral, viel beklemmender aber ist Steve Coogan, der seinen Bruder spielt. Einen charmanten, witzigen, widerlichen Kerl, der es irgendwie schafft, sich die ganze Welt so hinzudrehen, dass er immer im Recht ist. Und immer ein Opfer der Umstände.

Ein Kuss von Beatrice

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(Foto: Universum Film GmbH)

Zwei Frauen, gespielt von zwei gleichermaßen großartigen Catherines (Deneuve, links, und Frot), treffen nach Jahrzehnten wieder aufeinander und werden, gerade weil sie so unterschiedlich sind, füreinander zur Rettung. Wie Martin Provost die Freundschaft zwischen einer ernsten Hebamme und einer sterbenden Lebefrau ergründet, ist zart, wahrhaftig und von schönster Menschenfreundlichkeit. Klassisches französisches Kino, das auch im Plattenbau den feinen Glamour leidenschaftlichen Lebens findet.

Marie und die Schiffbrüchigen

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(Foto: déjà vu film)

Einige Männer kreisen um die schöne Marie (Vimala Pons) in Sébastien Betbeders Film, der viele Motive und den ironischen Tonfall aus Truffauts Antoine-Doinel-Filmen übernimmt. Ganz hübsch. Aber Truffauts Leichtigkeit hat einer Grundtraurigkeit Platz gemacht: Betbeders um sich selbst kreisende Figuren können nur noch darüber erstaunen, wie sie im Drehbuch ihres Schöpfers eigentlich zusammen gehören.

Mein bestes Stück

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(Foto: dpa)

Jeanne hat Probleme: Ihr Mann verlässt sie, auf der Arbeit wird sie immer duckmäuserischer. Was dann passiert, wirkt erst einmal wie Problem Nummer drei, erweist sich aber bald als die Lösung: Jeanne wächst ein Penis. Aus dieser surrealen Situation macht Hauptdarstellerin und Regisseurin Audrey Dana eine sympathische Komödie mit Geschlechterversöhnungspotenzial.

Die Mumie

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(Foto: dpa)

Der Film wurde der Presse vorab nicht gezeigt.

Plan B: Scheiß auf Plan A

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(Foto: 20th Century Fox)

Vier junge Kämpfer suchen einen Job als Stuntmen und geraten in die Krallen einer Gangsterbraut. Weitere Details sind egal, denn die Geschichte ist nur ein Fähnchen hinter allerlei bravourös choreografierte Schlägereien in einem Underground-Berlin. Ufuc Genc und Michael Popescu erfinden ein lustiges Action-Spektakel, das die Genre-Klassiker des letzten Jahrhunderts mit Liebe und Skrupellosigkeit zitiert.

Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes

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(Foto: Grandfilm)

Ein laut Selbstaussage "ästhetisch und politisch radikaler" Filmemacher geht zur angeblichen Recherche für ein kommunistisches Filmprojekt auf eine Apfelplantage malochen, will aber eigentlich nur seiner Protagonistin ans Gemüse. Das klappt nicht, ebenso wenig wie die in ästhetischen Anspielungen auf die Renaissance-Kunst gefilmten Versuche, auf der Plantage einen sozialistischen Staat zu organisieren. Julian Radlmaier spielt sich selbst und wird zur Strafe für Dampfplauderei in einen Hund verwandelt. Die kokette Albernheit des Ganzen funktioniert sicherlich recht gut bei Leuten, die entweder in Berlin selbstironisch Marx lesen oder solche Leute als Hipster beschimpfen, was ja oft genug aufs Gleiche rauskommt.

Veloce come il vento - Giulias großes Rennen

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(Foto: missingFilms)

Ein Teenager hinterm Steuer eines Porsche-Boliden. Während sie in Richtung Ziel rast, stirbt ihr Vater am Rand der Rennstrecke. Matteo Rovere macht das Meisterschaftsrennen zur Lebensmetapher, zum Tanz auf dem schmalen Grat zwischen Risiko und Sicherheit. Aus dem Rausch der Geschwindigkeit und den Stürmen des Gefühls schöpft dieser kleine, vibrierende Genrefilm unbändige Kraft. Dazu geben drei Generationen Schauspieler alles, die Entdeckung Matilda de Angelis hinterm Steuer, Stefano Accorsi als in sich zerrissener Bruder, Ex-Rennfahrer und Junkie und Paolo Graziosi als weiser, alter Mechaniker-Mentor.

Die vergessene Armee

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(Foto: Salzgeber & Co. Medien GmbH)

"Es wird immer noch um die DDR gekämpft." So formuliert es einer ihrer ehemaligen Soldaten. Mit der Wiedervereinigung hat sich die Nationale Volksarmee aufgelöst. Die Dokumentarfilmerin Signe Astrup trifft Männer, die dem untergegangenen Staat lebenslange Treue geschworen haben, die einfach nicht fassen können, dass man damals die eigenen Fahnen, für die man gestorben wäre, kampflos übergeben hat. Hinter dem Film steht eine interessante Frage: Darf man diesen Veteranen eine Erinnerungskultur erlauben?

Whitney - Can I Be Me

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(Foto: dpa)

Die Frage, die der Titel dieser Whitney Houston-Doku stellt, beantworten Nick Broomfield und Rudi Dolezal schon im Vorspann: Nein, kann sie nicht. Schließlich ist sie ein Popstar, und Popstars müssen in Dokus, begleitet von Interviews der sie umgebenden Menschen, an ihrem Starsein zugrunde gehen. Schuld hat a) der Ruhm, b) die Eltern oder c) Drogen. In diesem Fall alle drei. Traurig und leider sehr konventionell zusammengeschoben.

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