Filmstarts der Woche:Welche Kinofilme sich lohnen und welche nicht

"Maikäfer, flieg!", nach einem Buch von Christine Nöstlinger, scheitert daran, den Krieg aus Kinderaugen zu erzählen. Jim Jarmusch hat mit "Gimme Danger" einen unterhaltsamen Tribut an die Stooges gedreht.

Von den SZ-Kinokritikern

1 / 10

Gimme Danger

Gimme Danger

Quelle: Studiocanal GmbH/ Low Mind Films

Vom ersten Augenbrauenzucker Iggy Pops ist klar: Jim Jarmuschs Tribut an die Stooges, "Gimme Danger" ist wahnsinnig unterhaltsam. Allerdings wäre es auch wahnsinnig unterhaltsam, wenn er Iggy Pop einfach nur drei Stunden vor einer weißen Wand beim Reden zeigen würde. Man bekommt keinen Einblick, der nicht schon in irgendeinem Rocklexikon von 1975 steht, dafür den jungen Iggy in goldenen Hotpants und einen guten Blick auf den aktuellen Zustand des Zehennagels des alten Iggy. Man kann nicht alles haben.

Juliane Liebert

2 / 10

Guardians of the Galaxy 2

-

Quelle: AP

Bei der Frage, was man mit Superhelden noch so alles anstellen kann, sind James Gunn und die Marvel Studios jetzt bei der psychologischen Familienaufstellung angelangt. Ein Vatergott (Kurt Russel) erscheint und zwingt den Sohn, sich selbst zu erkennen. Zwei missbrauchte Schwestern müssen ihren lebenslangen Krieg beenden, Schurken entpuppen sich als die wahren Familienmenschen, und alle kümmern sich rührend um einen Babybaum. Wirklich schön an diesem Familientrip: Die FX-Kämpfe sind nur noch lässige NebenGuardsache, es gibt Zeit für Gefühle und bonbonbunten Space-Humor.

Tobias Kniebe

3 / 10

Happy Bournout

Kinostart - 'Happy Burnout'

Quelle: Riva Film

Alt-Punker Fussel (Wotan Wilke Möhring) isst Nutella mit den Fingern, schläft in der Altbauwohnung im Zelt und schleppt Politik-Studentinnen ab. Damit er weiterhin Hartz IV beziehen kann, täuscht er einen Burn-out vor und kommt in Behandlung. Dort erklärt er den richtigen Patienten, dass alles gar nicht so schlimm ist. Mit einer mutlosen Gefälligkeit, wie es sie nur im deutschen Film gibt, versucht Regisseur André Erkau, Witze über Menschen mit psychischen Problemen zu machen.

Nicolas Freund

4 / 10

Hey Bunny

Hey Bunny

Quelle: Hot Couple 2017

Der IT-Experte und Misanthrop Adam vernachlässigt die Sicherheit seines Forschungslabors, weshalb dieses gehackt wird und alle Versuchskaninchen verschwinden. Wundersamerweise tauchen die Karnickel plötzlich bei seinen Verwandten auf, und er lernt unfreiwillig viel über seine Familie, sich selbst und den Tierschutz. Das Regiedebüt des Hauptdarstellers Barnaby Metschurat ist eine merkwürdige und schöne Tragikomödie aus dem Berliner Kinountergrund.

David Steinitz

5 / 10

Maikäfer, flieg!

Der Film 'Maikaefer, flieg!' kommt in die Kinos

Quelle: epd

Normal, das war für Christl bisher der Krieg. Dann befreien die Russen im April 1945 Wien - und ziehen bei der Familie der Neunjährigen ein. Mirjam Unger hat das autobiografische Kinderbuch von Christine Nöstlinger verfilmt. Der Film will den Krieg aus Kinderaugen erzählen, doch er setzt zu stark auf Naivität. Aus Christls Perspektive wirkt das Brutale fast beiläufig, die Geschichte findet keine Tiefe. Der Versuch, den typisch-trockenen Nöstlinger-Ton zu treffen, gelingt nicht.

Ana Maria Michel

6 / 10

Schlösser aus Sand

Kinostart - 'Schlösser aus Sand'

Quelle: dpa

Abschied oder Neuanfang? Eine Sandburg, die weggeschwemmt oder eine, die aufgebaut wird? Nach dem Tod ihres Vaters bittet Eleonore (Emma de Caunes) Ex-Freund Samuel (Yannick Rénier) um Hilfe beim Verkauf des geerbten Hauses in der Bretagne. In der rauen Idylle der Küste vermischt sich in Schwarz-Weiß und Farbe die Trauer über den Tod des Vaters mit dem Schmerz über die verlorene Liebe. Fünfzehn Jahre nach seinem Spielfilmdebüt skizziert Olivier Jahan eine flüchtige Geschichte, die in Wehmut und Melancholie getränkt ist, aber auch Raum für die Zukunft lässt.

Anke Sterneborg

7 / 10

Siebzehn

Siebzehn

Quelle: Edition Salzgeber

Monja Arts Debütfilm, Gewinner des diesjährigen Max Ophüls-Preises, erzählt von den amourösen und sexuellen Verstrickungen einer Gruppe von Schülerinnen um Paula (Elisabeth Wabitsch). Art beobachtet weniger das freie Spiel der Körper als dass sie ein typisch jugendliches Universum mit seinen Stimmungen und Problemen einfangen will: ein Jugendfilm für Jugendliche, ohne Lust auf ein neues Leben jenseits der siebzehn.

Philipp Stadelmaier

8 / 10

Toro

Toro

Quelle: missingFilms

Toro arbeitet als Callboy, um seinen Traum von einer Boxschule zu verwirklichen, Victor als Stricher, um seinen Heroinkonsum zu finanzieren. Die Freundschaft gibt ihnen Halt, doch Toro empfindet mehr. Die Situation eskaliert, als er wegen Victor bestohlen wird. Martin Hawie erzählt mit Schwarz-Weiß-Bildern, trostlosen Settings und einem nervösen Sound von einer Odyssee, die an den Oscar-Gewinner "Moonlight" erinnert, in der Nahbarkeit der wunderbar gespielten Figuren jedoch gelungener ist.

Anna Fastabend

9 / 10

Der traumhafte Weg

Der traumhafte Weg

Quelle: Filmgalerie 451

Eine Studentin und ein Musiker machen 1984 Urlaub in Griechenland, kurz vor einer Europawahl; im heutigen Berlin trennt sich eine Schauspielerin von ihrem Mann. Wie Robert Bresson minimisiert Angela Schanelec den Ausdruck der Schauspieler, betont die Einzelheit jeder Einstellung und macht aus dem (Nicht)Verbund verschiedener Leben ebenso eine Zelebration toter Formen wie eine mögliche Parabel aufs heutige Europa.

Philipp Stadelmaier

10 / 10

Wrong Elements

Wrong Elements

Quelle: Veilleur de nuit Zero One Film Wrong Men

Aus der Perspektive eines SS-Offiziers hatte der Schriftsteller Jonathan Littell in seinem viel beachteten und höchst umstrittenen Roman "Die Wohlgesinnten" vom Holocaust erzählt. Sein Filmdebüt beschäftigt sich nun ebenfalls mit Tätern - die in diesem Fall jedoch auch Opfer sind. Es sind vier junge Männer und Frauen aus Uganda, die als Jugendliche von den Rebellen der LRA, der Lord's Resistance Army, entführt und zu Soldaten oder Ehefrauen der Kämpfer gemacht wurden, die Littell in seiner Doku porträtiert. Das ist glücklicherweise nicht voyeuristisch - und beklemmend intensiv.

Martina Knoben

© SZ.de/smb
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