Die feine Gesellschaft
Die Sommerfrische reicher Leute an der französischen Atlantikküste im Jahr 1910 stilisiert Bruno Dumont zu einer Klassenkampf-Kannibalismus-Groteske der bizarrsten Art, denn die lokalen Fischer essen gern Menschenfleisch. Bisweilen lässt er sein Personal (Juliette Binoche, Fabrice Luchini, Valeria Bruni Tedeschi) hübsch surrealistisch durch die Luft fliegen, ergeht sich aber zumeist in Slapstick-Banalitäten, die ausdrücklich wollen, dass das Lachen zum grimmigen Zähnezeigen gefriert.
Hacksaw Ridge
"Hacksaw Ridge" wird ein Felsmassiv auf Okinawa genannt, das in den letzten Kriegsmonaten von den Japanern erbittert verteidigt wird, reihenweise werden die anstürmenden Amerikanern mit Granat- und Flammenwerfern zerfetzt und getötet. Unter ihnen ist auch Desmond Doss, ein Junge aus Virginia, gespielt von Andrew Garfield, der ein Held ist nach dem Herzen des Regisseurs Mel Gibson: ein Soldat, der seinem Vaterland treu sein will und auch seinem Gewissen, das ihm den Dienst mit der Waffe verbietet. Und dessen Heldenmut Mel Gibson bis in die grausigsten Details schildert.
Havarie
Ein dreiminütiges You-Tube-Video, mittels Superzeitlupe gestreckt auf 90 Minuten Länge: Das ist das Bildmaterial von Philip Scheffners Doku-Essay. Es zeigt ein havariertes Schlauchboot mit Flüchtlingen auf dem Meer; dazu montiert sind Gespräche mit Seeleuten, Passagieren eines Kreuzfahrtschiffes, Flüchtlingen und der Funkverkehr der Seenotrettung. Der Film ist der ambitionierte Versuch, unseren Blick auf die Flüchtlingskrise zu reflektieren. Konkretere Bilder, wie sie etwa "Les Sauteurs" liefert, wären am Ende aber doch aufschlussreicher als dieses Starren auf ein phantomhaft anmutendes Boot im Meeresblau.
Jackie
"Ich weiß, was sie suchen. Ich war selbst Reporterin. Sie wollen, dass ich das Geräusch der Kugel beschreibe, als sie in den Kopf meines Ehemannes einschlug." sagt Natalie Portman als Jackie in Pablo Larraíns "Jackie" zu einem Journalisten. Das Gespräch bildet das Fundament eines Filmes, der weniger ein Biopic ist als ein vollkommen choreografiertes Taumeln in die Erinnerungen der Witwe John F Kennedys in den ersten Tagen nach dem Mord an ihrem Mann. Ein Meisterstück über Trauer und moderne Mythenbildung.
Kundschafter des Friedens
So wie einst die Space Cowboys kommen nun auch vier DDR-Spione zum unverhofften Ruhestandsabenteuer, als sie dem BND mit alten Ostblockkontakten unter die Arme greifen sollen. Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Thomas Thieme und Winfried Glatzeder haben einen Heidenspaß beim heiteren Agenten-Spiel, in dem sie die neue Weltordnung mit charmant veralteten Methoden zurechtimprovisieren. Eine ziemlich irre Posse, bei der man sich wünschte, dass Robert Thalheim sie ein wenig flotter und frecher inszeniert hätte, die den Wende-Frust aber dennoch ostalgiefrei einer amüsanten Revison unterzieht.
Liebmann
Ein deutscher Mann (Godehard Giese) macht Urlaub in einem französischen Dorf - und begegnet dort alten Dämonen. Jules Herrmanns Film ist wie der Pfau, den sie anfangs filmt: Mit Recht eitel, da wunderschön - und mit sehr raffiniertem Muster. Denn das Gefieder des Films entfaltet ein prachtvolles Bilder- und Kreuzworträtsel - und dieses verbirgt ein tödliches Geheimnis, das nach und nach dechiffriert werden muss.
Mein Blind Date mit dem Leben
Fast blind sein und eine Hotelfachausbildung kriegen? Kann man vergessen. Also verschweigt ein junger Bewerber sein Handicap. Er beginnt eine Lehre im Luxushotel, dort ersetzt er das fehlende Augenlicht durch Training: Wege üben, Abläufe üben, immer heimlich, meistens nachts. Trotz Pannen kommt ihm vorerst niemand auf die Schliche. Marc Rothemund erzählt die wahre Geschichte einer Hochstapelei, so gutgelaunt und spannend, dass man dabei selber die Welt besser sehen lernt.
Monster Trucks
Die "Transformers"-Filme sind zumindest ehrlich pubertärer Quatsch. Chris Wedge hat nun eine fragwürdige Variante für Kinder gedreht. Es geht um einen Truck mit einem putzigen Monster unter der Motorhaube. Dessen Power macht den halbstarken Tripp endlich zu einem ganzen Kerl. Mit dicken Reifen, monströs vielen PS und vom Beifahrersitz ("Rutsch rüber, ich fahre!") himmelt ihn ein Mädchen an, während er gegen einen fiesen Konzern kämpft.
Resident Evil - The Final Chaper
Warum jetzt noch die Taktik ändern, wird sich Paul W.S. Anderson gedacht haben. In der finalen Fortsetzung der Computerspielverfilmung schlägt sich Milla Jovovich ein letztes, exzessives Mal durch gehirnamputierte, durchdesignte Actionszenen. Es gilt nicht nur den Zombies den Garaus zu machen, die sich ihr nach alter Gamer-Logik unaufhörlich in den Weg stellen, sondern die Menschheit zu retten. Mit dramaturgischer Finesse hat man sich wieder nicht aufgehalten - dafür mit ordentlich Weltuntergangs-Pathos.
Die schönen Tage von Aranjuez
Kann man sich allen modernen Sperenzchen des Kinos verweigern? Wim Wenders kann es schon - er hat ein Stück von Peter Handke verfilmt, das ein einziger, langer Dialog ist zwischen einer Frau und einem Mann in einem Garten. Sophie Semin und Reda Kateb zuzuhören, ist in den besten Momenten wie ein wunderbarer Sommertag; aber auch an den schönsten Sommertagen hat man irgendwann gern seine Ruhe.
Split
Ein Mann mit multipler Persönlichkeitsstörung hat durch ein Trauma 23 Identitäten entwickelt. Er entführt drei junge Mädchen, die halbnackt durch seinen Bunker irren und verzweifelt einen Ausweg aus dem Psychopathenlabyrinth suchen. M. Night Shyamalan beginnt sein Horrorstück als verschachtelten Thriller, verlegt sich dann aber schnell auf die Erotik des Splatterfilms.
Suburra
Ein Politiker frönt seiner geheimen Sexsucht, eine minderjährige Prostituierte stirbt, die Mafia versteht auch in Rom das Handwerk der Erpressung und der Strand von Ostia soll zum Spielerparadies ausgebaut werden. Uralte Geschichte, von Stefano Sollima aber recht flott auf modern getrimmt: Der Pate ist nur noch ein einsamer alter Mann im Rentnerblouson, und die junge tätowierte Mafia-Braut darf auch mal selbst zur Waffe greifen.
Violently Happy
Werbefilm für exzentrische Experimente mit Schmerz, Gewalt und Sex. Aus Schmerz soll Lust destilliert werden, wenn heißes Kerzenwachs auf nackte Haut tropft. Paola Calvos Dokumentation tritt mit forscher Tabubrecher-Pose auf, entpuppt sich jedoch als servile Affirmation einer Berliner Szene, in der sadomasochistische Spielchen als eine Art Kunstperformance, therapeutische Beglückung und Lifestyle-Optimierung zelebriert werden.
Wendy - Der Film
Die zwölfjährige Wendy (Jule Hermann) will das Pferd Dixie vor dem Metzger retten, aber das ist nicht so einfach, denn genau wie schon bei "Ostwind" steht mal wieder ein Reiterhof vor der Pleite. Wendy muss nach einem Unfall wieder den Mut finden, aufs Pferd zu steigen... Dagmar Seume inszeniert viel Pferd und Natur, das gemütliche Erzähltempo ist jedoch eher für kleinere Kinder geeignet. Die Älteren werden richtige Pferde-Action vermissen.