Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Moritz Bleibtreu zeigt in einem deutschen Gangster-Drama seine harte Seite. Und "Letzte Tage in Havanna" erzählt von starken Überlebenskünstlern.

Von den SZ-Kinokritikern

1 / 9

Letzte Tage in Havanna

Letzte Tage in Havanna von Fernando Perez

Quelle: Wanda Visión

Trotz kann sehr motivierend sein: Diego hat eine heruntergekommene Wohnung in Havanna, sein alter Freund Miguel, der gerne in die USA möchte, wohnt bei ihm - und pflegt ihn, denn Diego liegt im Sterben. Fernando Perez erzählt eine traurige Geschichte ohne traurige Gestalten - weil man vor jeder seiner Figuren den Hut ziehen muss: Sie sind echte Überlebenskünstler.

Susan Vahabzadeh

2 / 9

Beach Rats

Beach Rats von Eliza Hittman

Quelle: Salzgeber & Co. Medien GmbH

Sommer in Brooklyn. Frankie (Harris Dickinson), ein Bodybuilder-Prolo-Boy aus dem Arbeitermilieu, nimmt Drogen und flirtet mit seiner Homosexualität. Man erwartet eine Haltung zu dem Thema, sieht Frankie schon als Opfer von Homophobie oder Held seiner Befreiung. Aber Eliza Hittman konzentriert sich in ihrem schönen Film einfach ganz auf ihre Figur, um die Unruhe eines aufgewühlten Körpers einzufangen.

Philipp Stadelmaier

3 / 9

Anne Clark - I'll Walk Out Into Tomorrow

Anne Clark - I´ll Walk Out Into Tomorrow

Quelle: SZ

Nicht nur Fritz Lang, auch ich habe mein Metropolis, sagt die Performance-Künstlerin Anne Clark - als sie mal wieder nach London zurückkommt. Die Stadt, ihre Heimat sind ihr fremd. Mehr fühlt sie sich in der deutschen Kultur heimisch. Sie sammelt Töne, ihr Sprechgesang bringt Lyrik und Musik zusammen, aggressiv und ein wenig punkig - Regisseur Claus Withopf, der sie fast zehn Jahre begleitete, forciert das durch seine Montage. Die Wörter bekommen Power. Wenn Anne Clark dagegen von ihrer Karriere erzählt, ist sie versonnen und zögernd. Sie strebt die Dichte von Haikus an, oder von Rilke.

Fritz Göttler

4 / 9

Grace Jones: Boodlight and Bami

Grace Jones

Quelle: Ascot Entertainement

Grace Jones ernährt sich nur von Champagner und Austern, sie sieht mit knapp 70 noch aus wie 30, brüllt am Telefon ihren Manager an, küsst im Krankenhaus ihre neugeborene Enkelin, arbeitet im Studio auf Jamaika (wo sie geboren wurde) an den derbsten Reggae-Grooves, die man sich vorstellen kann, und lässt auf der Bühne in Dublin zu ihrem ewigen Hit "Slave To The Rhythm" den Hula-Hoop-Reifen kreisen. Diese Doku von Sophie Fiennes erklärt nichts, alles erklärt sich von selbst. Eine wunderbare Meditation über das sehr private Leben einer Pop-Ikone und deren Inszenierungen.

Jan Kedves

5 / 9

Nur Gott kann mich richten

Der Film 'Nur Gott kann mich richten' kommt in die Kinos

Quelle: epd

Der deutsche Sozialstaat ist kaputt genug, dass man hierzulande seit einiger Zeit Gangster-Dramen drehen kann, mit Goldkettchen-Jungs, die "Yalla, Bruder" sagen, "Material" verticken und in riesigen, schwarzen Jeeps durch Frankfurt rollen, ohne dass das allzu ausgedacht wirkt. Özgür Yıldırım kann sogar die Hauptrolle des tragisch scheiternden kleinen Gauners mit einem (stark spielenden) Moritz Bleibtreu besetzen, obwohl der doch eigentlich so liebe Augen hat.

Philipp Bovermann

6 / 9

On the Beach at Night alone

On the beach alone at night

Quelle: Grandfilm

Nach einer Affäre mit einem verheirateten Regisseur flüchtet eine Schauspielerin, gespielt von Kim Min-Hee, nach Hamburg. Dann ist sie zurück in Südkorea. Hong Sang-soos Film ist nicht nur autobiografisch - er und Kim hatten tatsächlich eine Affäre, die einen Skandal auslöste - sondern zeichnet vor allem das surreale Seelenleben seiner Hauptfigur nach, wunderbar suspendiert zwischen Traum und Realität.

Philipp Stadelmaier

7 / 9

A Thought of Ecstasy

A Thought of Ecstasy

Quelle: DropOut Cinema

Ein Deutscher irrt auf der Suche nach seiner verlorenen Liebe durch die kalifornische Wüste. Die verschwundene Frau hat ein Buch geschrieben, über ihr Leben als Prostituierte in der verdorrten Peripherie von LA. Ihre Literaturagentin aber treibt ein perfides Spiel mit dem Mann, bei dem die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verhängnisvoll verwischen. RP Kahl filmt stilllebenhafte Unorte und kunstvoll inszenierte Sadomaso-Szenen zu poetischer Sprache. Einziges Manko: Von der Hitzewelle der Geschichte paralysiert, fehlt den Figuren zuweilen etwas Lebendigkeit.

Anna Fastabend

8 / 9

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

-

Quelle: AP

Ihre Teenager-Tochter wurde vergewaltigt und ermordet, von den Tätern fehlt jede Spur. Seitdem ist Mildred Hayes, genial gespielt von Frances McDormand, die wütendste Frau Amerikas. Sie legt sich mit allen an, vom Sheriff und seinen Hilfskräften bis zum Exmann und dem Priester. Wie man die Tragik dieser Frau in einen wahnwitzigen, tiefschwarz komischen Film verwandelt, ohne sie zu verraten - das bleibt das Geheimnis von Martin McDonagh, der mit diesem Film in die oberste Liga der Autorenfilmer aufsteigt (siehe Feuilleton vom Mittwoch).

Tobias Kniebe

9 / 9

Wunder

WUNDER

Quelle: Dale Robinette

Eure Taten sollen eure Denkmäler sein. Der Satz könnte fast das ganze amerikanische Kino definieren. Er stammt aus dem Erfolgsbuch "Wunder" von R. J. Palacio, das Stephen Chbosky verfilmt hat - herzergreifend, aber gar nicht tränenselig. Der kleine Auggie kommt in die Schule, was eine Art Spießrutenlauf wird - er hat ein von Geburt an verunstaltetes Gesicht. Von Chbosky stammt "The Perks of Being a Wallflower" sowie das Drehbuch zu "Die Schöne und das Biest", beide mit Emma Watson. Hier hat er Owen Wilson und Julia Roberts als Elternpaar und den formidablen Jacob Tremblay ("Room") als Auggie. Der Satz mit den Taten und Denkmälern ist ein altägyptischer Spruch.

Fritz Göttler

© SZ vom 25.01.2018/kel
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