Filmstandort Deutschland:Unglamouröse Wahrheiten

"Es wird kein großer Film nach München kommen, außer Sie scheißen ihm die Kohle zu": Bernd Eichinger erklärt der Welt, warum Hollywood nur in Berlin dreht.

Tobias Kniebe

Für klare Worte war er ja schon immer zu haben, der Münchner Filmproduzent Bernd Eichinger, und seine aktuelle Männerfreundschaft mit dem Macho-Rapper Bushido hat seine Ausdrucksweise womöglich noch einmal beflügelt. "Es wird kein großer Film nach München kommen, außer Sie scheißen ihm die Kohle zu", sagte Eichinger am Montag beim sogenannten Filmgespräch der CSU, bei dem es traditionell darum geht, wie man die Filmproduktion in Bayern noch ein wenig ankurbeln könnte - selbstverständlich mit höchster politischer Unterstützung, zum Wohle des Freistaats und aller Beteiligten.

Filmstandort Deutschland: Für klare Worte schon immer zu haben: Filmproduzent Bernd Eichinger

Für klare Worte schon immer zu haben: Filmproduzent Bernd Eichinger

(Foto: Foto: dpa)

Selbst wenn CSU und Staatsregierung zum verstärkten Kohlescheißen bereit wären, analysierte Eichinger weiter, sei ein Interesse internationaler Großproduzenten dennoch "fraglich" - und die Bavaria Studios hätten ohnehin nicht genügend Kapazitäten frei, weil fast alle Hallen mit Fernsehproduktionen belegt, die Bavaria also "im Fernsehdenken eingerostet" sei.

Vergleichsmaßstab ist hier natürlich Berlin mit seinen Babelsberg-Studios, wo sich bekanntermaßen die größten Filmemacher der Welt nur so die Klinke in die Hand geben, von Tom Cruise bis Quentin Tarantino. Als dieser Berlin-Boom losging, ein paar Jahre ist es her, erklärte ein Bavaria-Manager der SZ einmal im Vertrauen, durchgerechnet habe man das mit den internationalen Großproduktionen natürlich schon, "aber ein bisschen Geld verdienen wollen wir schließlich auch". Daran war offenbar nicht zu denken, was Eichingers Aussage nun noch einmal klar bestätigt - und so beschloss man im schnöde profitorientierten München, dass sexy Armuts-Subventions-Ding doch lieber Berlin zu überlassen.

Das "Fernsehdenken", das Eichinger meint, ist deshalb tatsächlich nichts anderes als ganz normale, leider sehr unglamouröse Kaufmannslogik. Im Film riskiert man mehr, da sind noch echte Spieler am Werk, da zählen nicht nur die Bilanzen. Als Antriebskraft gehört aber auch eine gewisse Verzweiflung dazu, und die sucht man in der Münchner Filmszene nun wirklich vergebens.

Zu diesen harten Faktoren kommen dann auch noch ein paar weiche dazu. Selbstverständlich könnte die CSU in ihrer neuen Filmstandort-Broschüre behaupten, München sei ein Schmelztiegel internationalen Jungkünstlertums, habe im Kalten Krieg an vorderster Front gekämpft, sei im Dritten Reich die wahre Zentrale des Bösen gewesen und nenne gleich mehrere bedeutende, inzwischen aber abgerissene Mauern sein eigen. Aber mal ganz ehrlich, liebe Hollywood-Großproduzenten: Würden Sie das glauben?

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