Filmpreis:Dschungelliebe

Verleihung des Werner-Herzog-Filmpreises im Filmmuseum

Die kolumbianischen Preisträgerinnen Liliana Díaz Castillo und Estephania Bonnett Alonso beim gemeinsamen Auftritt mit Werner Herzog (von links).

(Foto: Florian Peljak)

Werner-Herzog-Preis vom Namensgeber im Filmmuseum verliehen

Von Josef Grübl

Der Dschungel lässt Werner Herzog nicht los. Immer wieder zieht es den bayerischen Autorenfilmer ins Amazonasbecken und in die tropischen Regenwälder Perus oder Brasiliens, das geht seit Jahrzehnten so. In einer Doku über die Dreharbeiten seines 1982 ebendort entstandenen Films "Fitzcarraldo" erklärte Herzog seine Dschungelliebe und sprach von einer "unvollendeten und prähistorischen" Gegend: "Das einzige, was hier noch fehlt, sind Dinosaurier."

Da der Filmemacher aber dafür bekannt ist, unmögliche Dinge möglich zu machen (siehe "Fitzcarraldo", wo er ein Schiff über einen Berg ziehen ließ), war es nur eine Frage der Zeit, bis sich das mit den Urzeitviechern im Urwald ändern sollte: Bei der Verleihung des nach ihm benannten Filmpreises am Freitagabend im Filmmuseum präsentiert Werner Herzog 15 Kurzfilme, die im Rahmen eines von ihm betreuten Workshops in Peru entstanden sind. Dschungelkinder erzählen in einem dieser Filme, welche Wesen denn bei ihnen leben würden: Riesige Anakondas etwa, aber auch King Kongs, Drachen oder Dinosaurier. "Qué habita en la selva?" ist ein fünfminütiger Film über das Fabulieren, die Augen der Kinder funkeln, immer wildere Geschichten denken sie sich aus. Das ist ganz nach Herzogs Geschmack: "Es sind alles sehr intensive und merkwürdige Filme, ich bin sehr stolz darauf."

Den mit 5000 Euro dotierten Werner Herzog Filmpreis gewinnt aber keiner der 15 Jungregisseure, die aus Ländern wie Armenien, Frankreich, Mexiko, Schweden oder Argentinien stammen, sondern die Organisatorinnen des Workshops: Liliana Díaz Castillo und Estephania Bonnett Alonso haben in Barcelona ein Unternehmen gegründet, das Kurse für bereits professionell arbeitende Regisseure anbietet und das die dabei entstandenen Filme auch vermarktet. Anfangs betreute der iranische Regisseur Abbas Kiarostami den Filmnachwuchs, nach dessen Tod im Jahr 2016 konnten die beiden Kolumbianerinnen Werner Herzog für diese Aufgabe gewinnen. Dieser ist so begeistert vom Konzept der beiden Frauen, ihrer Teilnehmerauswahl und der Qualität der entstandenen Filme, dass er sie mit seinem eigenen Preis bedachte. Das erscheint etwas kurios, zumal die 15 Kurzfilme so aussehen, als ob es ihr oberstes Ziel wäre, Werner Herzog zu gefallen. Man sieht Dschungelbewohner, die sich auf ein Astronautentraining vorbereiten, Storys über Schach spielende Hühner oder Frauen, die mit Jesus ins Bett gehen. Wild und unberechenbar sollen die Workshop-Ergebnisse sein, hintereinander abgespielt wirkt das Ganze aber eher wie betreutes Filmen, mit wiederkehrenden Einfällen, Einstellungen und Darstellern - zumal Herzog und seine Preisträgerinnen bei der anschließenden Diskussionsrunde davon berichten, was die Jungfilmer im Dschungel alles nicht machen durften. Das mag mit Sicherheitsvorkehrungen zu tun haben, aber auch mit Werner Herzogs Vorstellungen vom Kino: Auf Sozialreportagen oder ausgiebig recherchierte Geschichten könne er verzichten, erzählt er, sehr viel lieber sei ihm ein "Quartalsirrer" aus Kolumbien gewesen, der in zehn Tagen drei Kurzfilme machte - und in denen der anderen Jungfilmer mitspielte.

Herzog will, dass die Leute hinausgehen und losfilmen, nicht umsonst spricht er bei jeder Gelegenheit von den "soldiers of cinema". Mit seinem Filmpreis will er besonders innovative Arbeiten von Filmemachern auszeichnen - und zeigt sich bei der Auswahl der Preisträger ebenfalls innovativ. Die Workshop-Organisatorin Estephania Bonnett Alonso sprach dann auch in ihrer Dankesrede von "einem Traum, der wahr geworden" sei.

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