Süddeutsche Zeitung

Filmfest-Tipp des Tages:Ende gut, alles gut?

Das Ende rückt näher. Also jetzt nicht das Ende des Filmfests, das hat ja gerade erst begonnen und dauert mit all den Premieren, Partys und Publikumsgesprächen noch bis Samstag, 1. Juli. Gemeint ist das Ende, wie es Michael Haneke sieht: Dessen neuer Film hat an diesem Sonntag Deutschlandpremiere - und wer den österreichischen Regiegroßmeister kennt, befürchtet erst einmal das Schlimmste. Seine Filme nehmen ja meistens ein böses Ende, was letztendlich aber immer gut ausgeht, zumindest für ihn: Er gewann damit zwei Goldene Palmen, den Oscar und vieles mehr. Das heißt aber noch lange nicht, dass Haneke zu keinen Überraschungen mehr fähig ist: "Happy End" heißt sein neues Werk, das klingt so beschwingt und fröhlich wie noch nie zuvor. Man sollte sich aber nicht täuschen lassen, weder von Titeln noch von schönen Familienbildern, denn leicht hat es der 75-Jährige seinem Publikum noch nie gemacht. Auch dieses Mal nicht: "Happy End" spielt in Frankreich, genauer gesagt in Calais an der Atlantikküste, dort lebt in einem schönen alten Haus ein 85-Jähriger (Jean-Louis Trintignant), der sterben will. Aber zunächst krepiert erst einmal der Hamster. Und das ist der Anfang vom glücklichen Exitus á la Haneke, denn dann kommen noch die Familie (unter anderem Isabelle Huppert und Mathieu Kassovitz), ein Bauunfall, ein bissiger Hund und afrikanische Bootsflüchtlinge ins Spiel. Was diese mit dem aufmüpfigen Sohn des Familienclans (Franz Rogowski) zu tun haben? Das fragen sich nicht nur die Gäste im Luxusrestaurant, sondern auch die Zuschauer: "Happy End" ist vielleicht etwas zugänglicher als die letzten Filme des Regisseurs (an einigen Stellen zitiert er diese Filme sogar), seinen Lieblingsthemen Schuld und Unfähigkeit zur Vergangenheitsbewältigung bleibt er aber treu. Ende gut, alles gut? In diesem Fall wohl eher nicht.

Happy End, F/D/Ö 2017, Regie: Michael Haneke, Sonntag, 25. Juni, 19.30 Uhr, Arri-Kino, Türkenstraße 91, Wiederholungstermin am Donnerstag, 29. Juni, 22 Uhr, Gasteig, Carl-Orff-Saal, Rosenheimer Straße 5, weitere Infos unter www.filmfest-muenchen.de

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SZ vom 24.06.2017 / grü
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