Süddeutsche Zeitung

Filme auf DVD:Faschismus made in USA

Amerika uns allen: Ein Wiedersehen mit Humphrey Bogart, Peter Fonda, Audrey Hepburn, Gary Cooper, Walter Matthau und Jack Lemmon.

Von Fritz Göttler

Amerika den Amerikanern ... Es herrscht Unruhe im Land. Ein Typ mit dem Namen Dombrowski kriegt den freigewordenen Posten als Vorarbeiter in der Fabrik. Frank Taylor, der sich Hoffnungen darauf machte - mit Lohnerhöhung! - und sich schon mal einen neuen Wagen vorführen ließ, muss dem Verkäufer grummelnd absagen. Im Radio hört er Hetzreden, ein Arbeitskollege führt ihn zu einer Gruppe, die für Besserung sorgen will, nachts, in schwarzen Kutten vermummt, mit brutalen Ku-Klux-Klan-artigen Aktionen: Häuser abfackeln, Widersacher auspeitschen. Black Legion / Geheimbund Schwarze Legion, 1937, von Archie L. Mayo, greift einen damals aktuellen Fall von radikaler Selbsthilfe auf. Humphrey Bogart ist Frank Taylor, durchaus fesch, er will weg von seinen zweitrangigen Gangsterrollen. Der dynamische Warner-Brothers-Stil bringt die Faszination der schwarzen faschistischen Bewegung ins Rollen. Und in einer Szene sieht man, wie Real News damals fabriziert wurden - in einer Radiosendung über Franks Schicksal werden all die "Original"-Aussagen von Sprechern live im Studio vorgelesen, echt dramatisch, und dazu spielen ein paar Geigen im Hintergrund. (Schröder Media)

News-Business in den Siebzigern, Die Verlegerin / The Post von Steven Spielberg. Meryl Streep spielt Katharine Graham, sie hat nach dem Tod ihres Mannes die Washington Post übernommen, und muss nun entscheiden, ob die Zeitung die "Pentagon Papers" drucken will, geheime Dokumente, die Lügen der Regierung im Vietnamkrieg enthüllen. Gefängnis droht, Verteidigungsminister McNamara, ein guter Freund, bittet um Stillschweigen. Es ist eine seltsam ferne Zeit, Pakete von Fotokopien, Bleisatz und Rohrpost. Spielberg inszeniert auch Politik wie ein Märchen. Einmal wird ein Satz von Katharines Mann zitiert: "News are the first raw draft of history." (Universal)

Ein Spätestwestern, in den natürlich auch die Politik hineinspielt: The Ballad of Lefty Brown von Jared Moshe. Der Beginn ist ein klassisches Westernidyll. Ein Städtchen, nachts, es gießt in Strömen, aus dem Saloon kommen die Klänge von "Oh! Susanna", ein Toter liegt lang ausgestreckt auf der Straße: Red Bluff, Montana 1889. Es ist ein schöner kleiner Film über das Alter, die Müdigkeit, das Sterben. Lefty Brown, gespielt von Bill Pullman und humpelnd wie Walter Brennan in "Rio Bravo", will seinen erschossenen Freund, den Peter Fonda spielt, rächen. Ein Junge bekommt einen Schuss in den Bauch, ein ehemaliger Trinker gerät in Versuchung, in einen Spucknapf zu greifen, um ein Geldstück rauszuholen. Die Action konzentriert sich auf kleinste Momente: ein Fuß, der einen Schemel wegstößt, auf dem einer mit dem Hals in der Schlinge steht. (Eurovideo)

Liebesgeschichten: Ein Modeschöpfer (Daniel Day-Lewis) holt sich ein Mädchen ins Haus, sie wird sein Model, seine Geliebte, versucht ihn aus seiner professionellen Lethargie zu reißen. Der seidene Faden, eine Pygmalion-Travestie, von Lewis liebevoll verträumt, von Vicky Krieps recht lustvoll burschikos gespielt, von Paul Thomas Anderson recht direkt inszeniert. Einmal stippt Lewis mit einem Spargelstück grantig in einem Klecks Butter rum - er mag seinen Spargel eher trocken. (Universal) Die Liebe am Nachmittag gibt es in Ariane von Billy Wilder. Audrey Hepburn will sich einen Millionär angeln. Es ist Gary Cooper, der immer noch sexy ist und ein Playboy und, was die Frauen angeht, einen vollen Stundenplan hat. Wie Cello- und Liebesspiel zusammengehen. Ebenfalls wieder auf DVD: Der Glückspilz, ein typischer Billy Wilder mit Walter Matthau, der einen Unfall beim Football ausnutzen will und mit dem Mitleid spekuliert und sich dafür des lädierten Jack Lemmon bedient. (Beide Koch Media)

Ein seltsames Paar in New York, Ingrid Bolsø Berdal und Katja Riemann in Margarethe von Trottas Forget About Nick. Sie haben den gleichen Ex und sollen sich das gleiche Luxusapartment teilen. Eine einzige heftige Reiberei, und die eine rettet sich schließlich in die Modeschöpfung. Eben ist von Trotta eine Hommage an Ingmar Bergman im Kino angelaufen, da kann man noch mal einen neuen Blick auf diese Konstellation werfen. (Warner)

Eine Frau in einer Männerwelt, Ingrid Bergman als Nonne in Die Glocken von St. Marien, die mit dem irischen Geistlichen Bing Crosby und dessen Swing zurechtkommen muss. Er wird vom Bischof losgeschickt, um Pfarreien zu sanieren. Regisseur Leo McCarey hat bei Laurel und Hardy alles über Paarbeziehungen gelernt, ihm ist dieses Jahr die Retrospektive beim Filmfest Locarno gewidmet, die letzte, die der enthusiastische Carlo Chatrian angeleiert hat, der nun die Berlinale übernehmen wird. (Alive)

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Quelle:
SZ vom 16.07.2018
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