Spurensuche:Unfreiwillig

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Andrew (Laurence Olivier) hat den Liebhaber seiner Frau (Michael Caine) in die Falle gelockt.

(Foto: imago)

Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden, großen Fragen der Menschheit. Heute: Gibt es so etwas wie einen Mörder wider Willen?

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Gibt es so etwas wie einen Mörder wider Willen?

Im Februar wurde Kim Jong-uns Halbbruder Kim Jong-nam in Malaysia umgebracht, wahrscheinlich geht es da um die Macht in Nordkorea. Sind aber die beiden Frauen, die nun des Mordes angeklagt sind, tatsächlich gefährliche Auftragskiller, die im Auftrag eines Diktators einen Nebenbuhler ausschalten, und dann auch noch in aller Öffentlichkeit? Nein, behaupten die beiden, eine Vietnamesin und eine Indonesierin, man habe sie hereingelegt. Sie hätten gar nicht gewusst, dass es sich um eine giftige Flüssigkeit gehandelt habe, als sie Kim Jong-nam attackierten. Sie seien im Glauben gewesen, alles sei nur für eine Fernsehshow. Sagen wir mal so: Es gab zwar eine versteckte Kamera, aber die diente nur der Sicherheitsüberwachung.

Ob die beiden wirklich nicht wussten, was gespielt wird? Genau genommen ist ja das ganze Geschehen so verzwickt und bizarr, dass auch ein kinoreifer Dreh noch drin wäre. Das wäre dann ein bisschen so wie in "Mord mit kleinen Fehlern" ("Sleuth") von Joseph L. Mankiewicz: Man weiß in dieser Verfilmung eines erfolgreichen Theaterstücks von Anthony Shaffer auch lange nicht, wer eigentlich wen aufs Glatteis führt.

Laurence Olivier spielt den vermögenden Schriftsteller Andrew Wyke, der Milo (Michael Caine), den jungen Liebhaber seiner Frau, zu sich einlädt - er empfängt ihn im Irrgarten des weitläufigen Anwesens, was Milo zur Vorsicht gemahnen sollte. Er spielt trotzdem mit, als Andrew, ein Krimiautor von Rang, ihm seinen Plan unterbreitet: Milo soll die Gattin ganz für sich bekommen, und damit er sich das leisten kann, will Andrew ihn nun dazu überreden, ihren Schmuck zu klauen, den Andrew dann später ohnehin von der Versicherung ersetzt bekäme. Ein komplizierter Plot, der Milo dann bald dastehen lässt, als wäre er tatsächlich ein Einbrecher. So sollte es auch laufen - Andrew zückt eine Pistole und schießt auf ihn.

Das passiert in der Mitte des Films, Milo ist also gar nicht tot - eine Platzpatrone sollte ihn demütigen. Also kommt er wieder, um sich seinerseits mit einem teuflischen Plan zu rächen. Und so legen die beiden einander herein, bis der eine mit seinem Leben bezahlt und der andere mit seiner Freiheit: Milo hat Andrew dazu gebracht, tatsächlich auf ihn zu schießen. Das Spiel hat am Ende zwei Verlierer, und einer ist ein Mörder wider Willen.

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