Film mit Fritz Göttler:Tanz auf der Schreibmaschine

Zola Masekos "Drum" erzählt von den Anfängen des südafrikanischen Widerstands.

Fritz Göttler

Zwei Männer auf einer dunklen Straße, die Nacht neigt sich ihrem Ende zu. Eine Bitte hat der eine - dass der andere, den zu töten er den Auftrag hat, nicht versuchen möge davonzulaufen. Ein Spiel geht in diesem Moment zu Ende, das sich über einige Monate erstreckte, das sich zuletzt extrem verschärfte, dessen Konflikt nicht mehr anders zu lösen ist - und das dabei auf einen ganz anderen Konflikt verweist: Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht. Henry Nxumalo steht Alpheus gegenüber, der Sensationsjournalist dem wendigen zwielichtigen Gangster. Und es ist nicht die erste Begegnung der beiden Männer.

"Drum"
(Foto: Foto: Kinowelt)

Sophiatown, Anfang der Fünfziger. Eine Vorstadt etwa zwölf Kilometer nordwestlich von Johannesburg. Einfache Häuser, armselige Hütten, dreckige Straßen. Aber auch schummerige Bars und mondäne Nachtclubs. Der Jazz der südafrikanischen Jeunesse dorée, erste Mischungen von Schwarz und Weiß - verachtet, brutal bestraft und unterdrückt. Ein anderer, erregender Rhythmus fürs Leben wird hier erprobt. Halbwelt, kleine Gangsterbanden, die Choreografie der Gewalt. Verführung, Subversivität, Kriminalität - aber alles immer noch mit einer merkwürdigen Unschuld. Möglichkeiten des Andersseins und -lebens. Der Widerstand gegen das unbewegliche Regime und seine radikale Apartheidspolitik beginnt sich zu organisieren. Mandela ist eine der Nebenfiguren des Films.

Mittendrin das Magazin Drum, ein flottes Lifestyle-Stück, "Magazine of Africa for Africa". Sein Star ist Henry Nxumalo, der als Sportreporter immer und überall dabei ist, ganz nah am Ring, aber auch immer am ersten Tisch im Nachtleben der Stadt. Seine Finger tanzen auf den Tasten der Schreibmaschine. Er liebt den Luxus, kann auch seiner Frau nicht wirklich treu sein. Fasziniert ist er, als er vom Gangster Alpheus ein Interview gewährt bekommt. Aber dann verschieben sich Henrys Interessen, die sozialen Ungerechtigkeiten, die politische Repression gerät in sein Blickfeld.

Provokation als Spiel

Henry recherchiert, er will das alles nun am eigenen Leib erleben und dann beschreiben. Ein anderes Fremdgehen, erste Momente eines politischen Bewusstseins. Ein südafrikanischer Wallraff, Henry fängt noch einmal neu an, ganz unten. Er verdingt sich auf einer Farm in Bethal, um die Arbeitsbedingungen dort zu erleben, und er lässt sich für ein paar Tage ins Gefängnis einweisen, um die Behandlung der Schwarzen dort mitzumachen.

Schläge von den Wärtern, einen Kloeimer für sechzig Leute, die Atmosphäre von Willkür, in der man nicht gesagt bekommt, was man machen soll, damit man bestraft werden kann, wenn man es nicht tut. Der deutsche Fotograf Jürgen Schadeberg ist oft mit dabei und schießt die richtigen Bilder - deren Kraft noch nicht in Frage gestellt ist. Henrys Redaktionsleiter, der Brite Jim Bailey, nimmt die Stücke ins Blatt. Ein Dreier-Team, das so gut kooperiert wie Redford/Hoffman/Robards in den "Unbestechlichen". Ihr Spiel heißt Provokation.

Bescheidenheit erzeugt Sympathie

Zola Maseko teilt den Enthusiasmus seiner Helden, man sieht dem Film einen gewissen Stolz an - fernab von der Traumfabrik einen Touch Hollywood herbeizuzaubern, und das mit umgerechnet sieben Millionen Dollar. Eine flirrende Welt von Cabrios und Clubs, Glamour und Kitsch, mit einem amerikanischen Hauptdarsteller, Taye Diggs. Maseko, Jahrgang 1967, hat sich im südafrikanischen Kino und Fernsehen einen Namen gemacht, er will die Zuschauer in aller Welt bewegen mit seinem Film: "Ich habe es geschafft, wenn ihr merkt, wie schwer es für die Leute ist, sich zu Tränen bewegen zu lassen ..."

Man sieht dem Film seine Anstrengung immer wieder an, die Diskrepanz zum reichen amerikanischen Filmsystem. Aber die Bescheidenheit - man kennt sie aus dem unabhängigen Kino in Amerika, das in den Siebzigern Roger Corman und seine Kids begannen - erzeugt Sympathie, für seine Mischung von Melodram und Message. Das Kino ist immer dann am besten, wenn es Dinge in der Entstehung zeigt,wenn Beziehungen, Formen, Strukturen sich herausbilden.

"Mr. Drum Goes to Jail", war eine der Schlagzeilen der Drum-Aktionen damals. Maseko beschwört den Geist von Capra und John Ford - die Beerdigung der ermordeten Helden erinnert an "The Sun Shines Bright". Die größte Kraft in diesem Kampf war die Naivität der jungen Kämpfer. Henry und sein Fotograf entwickeln echte Tom-Sawyer-und-Huck-Finn-Energie. Sie wissen, wo die politische Unterdrückungsbürokratie zu packen ist: an ihrem Mangel an Phantasie.

Info:

- DRUM - Südafrika/USA/D 2004 - Regie: Zola Maseko - Buch: Jason Filardi - Kamera: Lisa Rinzler - Musik: Terence Blanchard, Cedric Gradus-Samson - Schnitt: Troy Takaki - Mit: Taye Diggs, Gabriel Mann, Jason Flemyng, Tumisho Masha, Moshidi Motshegwa, Bonnie Mbuli, Tessa Jaye, Fezile Mpela, Keketso Semoko. - Verleih: Kinowelt - Dauer: 94 Minuten.

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