Film:Frau, Frau

Film: Jürgen Jung, der die männliche Hauptrolle spielt, und Monika Zinnenberg sind bei der Wiederaufführung im Werkstattkino zu Gast.

Jürgen Jung, der die männliche Hauptrolle spielt, und Monika Zinnenberg sind bei der Wiederaufführung im Werkstattkino zu Gast.

(Foto: Roger Fritz/ Subkultur Entertainment)

"Mädchen, Mädchen" wird 50. Das Werkstattkino lädt zur Feier

Von Jürgen Moises

Der Film sei viel zu schön fotografiert. Das hat Alexander Kluge über das Spielfilmdebüt "Mädchen, Mädchen" des Münchner Fotografen, Schauspielers und Filmemachers Roger Fritz gesagt, das am 5. Januar 1967 in den Kinos anlief. Als Kritik könnte das "style over substance" heißen, und dass Kluge der Film zu wenig politisch, realistisch oder radikal war. Ein Urteil, dass am Ende vielleicht aber mehr über Kluge selbst und die damalige Zeit aussagt. Denn die 68er-Bewegung war bereits im Schwange und den Vorwurf der politischen Vagheit oder Oberflächlichkeit, den mussten sich auch andere Regisseure anhören. Wie etwa Haro Senft, der in seinem ebenfalls 1967 herausgekommenen Debütfilm eine ähnliche Geschichte erzählte. Dass es in der Tat sehr schöne Kameraeinstellungen in "Mädchen, Mädchen" gibt, davon kann man sich an diesem Donnerstag im Werkstattkino überzeugen.

Zum Jubiläum ist der Film dort in Anwesenheit von Roger Fritz, Jürgen Jung und Monika Zinnenberg zu sehen. Zinnenberg spielt darin eine Nebenrolle, Jung die männliche Hauptfigur: Den Sohn eines Zementfabrikbesitzers, der mit der minderjährigen Geliebten seines Vaters anbandelt. Der Senior sitzt wegen "Unzucht mit einer Abhängigen" im Gefängnis, die Geliebte ist frisch aus der Erziehungsanstalt raus, und der Junior muss sich bald entscheiden, ob er gegen den Vater opponiert oder sich in die Familienrolle einfügt. Das klingt nicht explizit politisch, aber in dem Generationenkonflikt, der sich hier andeutet, könnte man durchaus eine Vorausahnung der Studentenunruhen sehen.

Realisiert hat Fritz "Mädchen, Mädchen" als Eigenproduktion mit kleinem Drehteam in der Nähe von München und in einem Zement- und Kieswerk bei Rohrdorf am Chiemsee. Kameras, Beleuchtung und alte Negativ-Rollen bekam der Dreißigjährige vom Filmemacher und Arri-Mitbegründer August Arnold geliehen. Was die Besetzung angeht, da konnte Fritz von seinen Kontakten als bekannter Fotograf und Schauspieler profitieren. Für die Rolle des "Seniors" gewann er Helmut Lange, Klaus Löwitsch tritt in einer Nebenrolle auf, genauso wie Renate Grosser, die damals an den Münchner Kammerspielen spielte. Als Statisten sieht man den Maler Markus Lüpertz kurz durchs Bild huschen.

Die weibliche Hauptrolle spielte Helga Anders, die als Kind schon mit Heinz Rühmann vor der Kamera stand und auch in Fritz späterem Film "Mädchen mit Gewalt" auftrat. Außerdem war sie von 1967 bis 1974 mit Fritz verheiratet. Für Jürgen Jung war es die erste Filmrolle. Der Münchner hatte beim Casting Klaus Maria Brandauer und Udo Kier übertrumpft, die Fritz zu "bauerntölpelhaft" und zu "kölnisch" vorkamen. Dem Film als solchem hat das nicht geschadet, aber vielleicht hätte ihm Brandauers spätere Popularität einen Sendeplatz im Fernsehen beschert. Dort war "Mädchen, Mädchen" nie zu sehen, auf Video kam er nie und auf DVD und Blu-ray erst 2016 bei "Subkultur Entertainment" heraus. Die Chance, ihn nun auf der Leinwand wiederzuentdecken, sollte man wahrnehmen.

Mädchen, Mädchen, Regie: Roger Fritz, Wiederaufführung zum 50. Geburtstag, mit Publikumsgespräch, Do., 5. Januar, 14 Uhr, Werkstattkino

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