Film-Festival:Explosiv und exklusiv

Junge Münchner Filmschaffende bei "Flimmern & Rauschen"

Von Barbara Hordych

Wenn das Smartphone zickt, ist die Außenseiterin Ruby auf einmal gefragt. Denn sie ist Expertin im Programmieren, Schrauben und Löten. Gleichzeitig hat sie einen Hang zum Öffnen von verbotenen Türen. So hackt sie sich nach und nach in die Smartphones ihrer Mitschüler, liest deren intime Botschaften. Als sie dann noch einen Schritt weiter geht und delikate Clips postet, gehen Beziehungen und Freundschaften reihenweise in die Brüche, bis schließlich keiner mehr dem anderen trauen mag. In eindringlichen Bildern wird in dem Kurzfilm "Ruby" die Geschichte eines hochbegabten Mädchens erzählt, das im Zuge seiner Zerstörungslust zwar rückwärts von der Schaukel kippt, aber trotzdem bekennt: Ich würde es wieder tun.

"Wir wollten das Thema Mobbing einmal nicht aus der Opfer-, sondern aus der Tätersicht erzählen", sagt Amon Ritz. Der 18 Jahre alte Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums hat mit seiner Filmgruppe den Kurzfilm "Ruby" realisiert, der beim Jugendfilmfestival "Flimmern & Rauschen" vom 22. bis zum 24. Februar in der Muffathalle läuft. Im vergangenen Jahr nahmen er und seine Gruppe zum ersten Mal an dem vom Medienzentrum München, dem Stadtjugendamt, dem Kulturreferat und der Filmstadt München organisierten Nachwuchsfestival teil. "Es war spannend, zu schauen, was die anderen machen, sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen", erinnert sich Ritz.

"Das ist das Schöne an dem Festival, das als Vernetzungsplattform bestens funktioniert", sagt der Jury- und Programmleiter Thomas Kupser in seinem Büro im Medienzentrum, wo eine fünfköpfige Jury aus 130 Einreichungen 70 Filme auswählte. "So viele wie noch nie. Aber nicht nur die Quantität, auch die Qualität der Einreichungen steigt von Jahr zu Jahr", resümiert Kupser. Es sei für den Filmnachwuchs heute viel leichter als früher, technisch anspruchsvolle Werke zu drehen. Etwa auch mit Smartphones und iPads. Dazu kämen die vielen Film-AGs und Projekt-Seminare in den Schulen, die die Schüler dazu ermunterten, eigene Werke in Angriff zu nehmen.

Die jüngsten Teilnehmer kommen heuer aus der Grundschule. Drittklässler der Sinai-Grundschule schildern in ihrem witzigen Animationsfilm "Farbenfroh" das unerwartete Auftauchen eines "bunten" Fremden in einem Land von Schwarz-Weiß-Menschen. Die ältesten Teilnehmer sind Studenten von der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Die Profiliga also, junge Kreative, die auf dem Weg sind, aus ihrer Leidenschaft Film einen Beruf zu machen.

Die Dokumentation "Fuck White Tears" von Annelie Boros ist in dieser Kategorie sicher einer der interessantesten Beiträge: Eigentlich wollte die HFF-Studentin im Februar 2016 in Kapstadt einen Film über ungleiche Bildungschancen in Südafrika machen. Als sie Studenten an der University of Cape Town befragte, wurde die Autorin selbst zum Ziel wütender Anfeindungen - weil sie weiß ist. ",Fuck White Tears" ist ein Film über einen Film, den ich nicht machen kann, weil ich weiß bin. Und über revolutionäre Studierende in Kapstadt", sagt die 26-Jährige in in ihrem Film. In ",Fuck White Tears' stellt sie sich die Frage, zu welchen radikalen Mitteln man greifen darf, um seine Ziele durchzusetzen. Wie könne Dekolonisierung gelingen in einem afrikanischen Land, welches jahrhundertelang von Weißen beherrscht wurde? "Und welche Rolle spiele ich dabei als weiße Regisseurin, die einen Film über eine radikale Schwarze Befreiungsbewegung machen möchte?".

Film-Festival: Südafrika ist ein durch Apartheid gebrandmarktes Land. Das zeigt die HFF-Studentin Annelie Boros in ihrer Filmdokumentation "Fuck White Tears".

Südafrika ist ein durch Apartheid gebrandmarktes Land. Das zeigt die HFF-Studentin Annelie Boros in ihrer Filmdokumentation "Fuck White Tears".

(Foto: Annelie Boros)

Flimmern & Rauschen, Mittwoch, 22., bis Freitag, 24. Februar, Muffathalle, Zellstraße 4

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