Film:"Er hat zu viel gekonnt"

WRDLBRMPFD!,Karl Valentin: Der Unverstandene; Karl Valentin

Blumen und Lob für einen großen Künstler: Karl Valentin, hier die Statue am Viktualienmarkt.

(Foto: Natasha Heuse/BR)

Eine neue BR-Doku über Karl Valentin ist vorab im Literaturhaus zu sehen

Von Bernhard Blöchl

Irgendwann platzt Christian Springer der Kragen. "Ich weiß nicht, woher immer dieses Missverständnis kommt, und mir stinkt es auch richtig, dass man ihn immer wieder verteidigen muss", sagt der Münchner Kabarettist und redet sich in Rage: "Nein, Leute, Karl Valentin war mehr als lustig. Er war ein großer Künstler (...) So ein Interview würde es nie geben über Mozart!"

Spätestens nach dem neuen Dokumentarfilm von Andreas Ammer, der an diesem Montag im Literaturhaus zum ersten Mal öffentlich gezeigt wird, müsste jedem auf ewig klar sein: Valentin (1882 bis 1948) war viel, nein, sehr viel mehr als lustig. Er war einer der ersten Filmemacher, war Musiker, Schauspieler, Aphoristiker, Schriftsteller, Konzeptkünstler, Ausstellungsmacher, Schreiner und Hörspielmacher; er war Volkssänger, Linksdenker, Wortzerklauberer und Medienhandwerker. Oder, wie Springer sagt: "Er hat zu viel gekonnt."

Hymnenhaft schwärmen Ammers Interviewpartner über Valentin, darunter die Kabarettisten Luise Kinseher, Willy Astor und Helmut Schleich, außerdem die Biografin Monika Dimpfl und die Musäums-Leiterin Sabine Rinberger. Freilich ist der 45-Minüter, der unter dem hübschen Titel "WRDLBRMPFD! Karl Valentin: Der Unverstandene" am 29. Januar auch im BR zu sehen sein wird, mehr als ein Lobgesang. Er beleuchtet, zumindest in Ansätzen, die inspirierende Wirkung auf Bertolt Brecht, die Weigerung des Dada-Expressionisten aus der Au, in die USA zu gehen, seine Haltung während der Nazi-Zeit und die vielschichtige Partnerschaft mit Liesl Karlstadt. Die schnörkellose Dokumentation verbindet die Interviews mit Filmausschnitten sowie historischen Aufnahmen. Man sieht, in Teilen, sein erstes und sein letztes Filmdokument ("Karl Valentins Hochzeit", 1912, Werbespot für die Sparkasse, 1938). Und man bekommt einen kurzen Einblick in das Kölner Archiv, im dem bis heute Valentins Nachlass verwaltet wird. Einen weiteren spannenden Aspekt schält Ammer heraus, nämlich die Frage, ob Karl Valentins Kunst auch losgelöst von der bairischen Sprache funktioniert. Kinseher betont in diesem Zusammenhang die Kunstsprache, die er gepflegt habe. Und Gunter Fette, sein Nachlassverwalter, führt dem Zuschauer vor Augen: Die meisten Orte, wo Valentin-Aufführungen über die Bühne gehen, liegen außerhalb Deutschlands. Dazu passend zeigt Ammer eine Theaterprobe an der Otto-Falckenberg-Schule, wo ein junges Schauspielerduo sich bemüht, Valentin auf Hochdeutsch zu inszenieren - und so seine Probleme damit hat.

Eine klare Forderung hat die Schauspielerin Senta Berger gleich zu Beginn: "Ich denke, das sollten wir mit diesem Film erreichen: dass es einmal im Jahr Valentin-Festspiele gibt." Dazu können im Literaturhaus Andreas Ammer und Armin Kratzert (BR) Stellung beziehen, die vor der Filmvorführung über die Recherchen und ihre persönliche Valentin-Faszination berichten werden.

WRDLBRMPFD! Karl Valentin: Der Unverstandene, Gespräch & Preview, Montag, 21. Januar, 20 Uhr, Literaturhaus München, Salvatorplatz 1, Eintritt frei, Anmeldung unter Telefon 29 19 34 27

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