"Fifty Shades of Grey - Befreite Lust" im Kino:Jetzt wird geheiratet!

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Zum Abschluss der "Fifty Shades"-Trilogie wird es Zeit für die ultimative, sadomasochistische Grenzüberschreitung - die Ehe.

Von Philipp Bovermann

Bislang war es nur ein Spiel. Er war reich, sie studierte noch. Er hatte einen Sadomaso-Folterkeller, sie kaufte für ihn neue Unterwäsche. Sie steckten sich gegenseitig Dinge in den Körper und verliebten sich. Der dritte Teil der Reihe beginnt nun mit dem Ja-Wort. Gemeint ist natürlich das in der Kirche, aber im übertragenen Sinn ist ein Ja-Wort wohl nicht das schlechteste, um damit in einen Film einzusteigen. "Ja, ich will!" - das ist Power pur, Libido in Reinform. Und dann heißt der Film im Untertitel auch noch "Befreite Lust". Ausgerechnet in der Ehe?

Zunächst mal sind Flitterwochen angesagt. Flitterwochen sind was Schönes. Die beiden paaren sich mit großer Geste in europäischen Himmelbetten. Jamie Dornans Rückenmuskeln arbeiten dabei, als hätte nicht er Sex, sondern als sei er eine komplizierte Apparatur innerhalb eines Zimmers, dessen Interieur Sex mit sich selbst hat. Die Welt des Milliardärs Christian Grey, den er spielt, sieht nämlich so aus, wie Menschen, die gern reich wären, sich das Reichsein vorstellen: Wie ein begehbarer Wohnkatalog. Anastasia Grey, vormals Steele, muss sich erst noch daran gewöhnen, dass alles, was das Licht berührt, nun auch ihr gehört.

Kann ich am Strand meine Brüste zeigen, wenn mein Mann ein Kontrollfreak ist?

Ganz neue Fragen stellen sich: Kann ich am Strand meine Brüste zeigen, wenn mein Ehemann ein peitschenschwingender Kontrollfreak ist? Kann ich meine eigene Küche benutzen, wo die Haushälterin herrscht? Wo stelle ich den Bodyguard hin, damit er sich gut in den Raum einfügt?

Der zweite Teil der Reihe verwendete große Energien darauf zu zeigen, wie unermesslich Christians finanzielle Potenz ist. Wo es Probleme gab, kaufte er alles und jeden nieder. Nun aber ist das Balzspiel vorbei. Christian hat bekommen, was er wollte, nämlich sie. Ihm bleibt nichts mehr zu tun, als seinen Besitz, als den er sie sieht, zu halten. Er ist also in der Defensive. Sie nimmt sich Freiheiten, streitet mit ihm darum, wer fahren darf. Dann sitzt doch wieder er am Steuer, aber irgendwie wird klar, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Die Unterwerfung unter den Mann ist nur ein Spiel - so lautet die frohe Botschaft von "Fifty Shades of Grey".

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Die ersten beiden Filme hatten das nur implizit angedeutet. Da saß der unnahbare, niemals lächelnde Milliardär nachts am Klavier und klimperte romantisch nach dem Sex allein ein paar Akkorde. Hier tut er es tagsüber während eines Winterurlaubs mit Freunden, die belustigt mit den Achseln zucken und sagen: "Jetzt singt er sogar." An einer Stelle fragt er irritiert, ob sie etwa gerade mit den Augen gerollt habe. Sie hat. Als sie gegen seinen Willen mit einer Freundin etwas trinken geht, bestraft er sie, indem er sie erst lustvoll fesselt und dann plötzlich von ihr ablässt. Die Popmusik, die sonst zu den regelmäßig abrollenden Softporno-Szenen anfährt, sackt in sich zusammen. Die Choreografie aus Lust, Macht und Begehren, innerhalb derer er das Biest, sie nur die Schöne war, gerät aus dem Schwung.

Deshalb zeichnet den dritten Teil eine ungeheure Verpeiltheit aus. Die beiden sind schließlich verheiratet. Also gehen sie auch in Outdoor-Klamotten wandern. Sie streiten - aber in der nächsten Szene starten sie doch wieder schampustrinkend durch im Privatjet. Dann haben sie sorgsam drapierten Filmsex. Dann sitzt sie im Büro und muss arbeiten. Dann müssen sie Christians Schwester retten, weil die nämlich entführt wurde. Nichts davon ergibt irgendeinen tieferen Sinn. Aber wahrscheinlich ist das eben so in der Ehe. Deshalb ist Sadomaso ja vor allem aus ehelicher Perspektive interessant: Es gibt ein festes Drehbuch. Feste Regeln, feste Rollen, die sich ansonsten im elendigen Kleinklein des Alltags auflösen.

Welche Lust wird hier befreit? Etwa eine aus allen Fesseln gesprengte Bürgerlichkeit?

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Aber so wie in der Welt von "Fifty Shades of Grey" an jedem Betrag mindestens sieben Nullen mehr als normalerweise kleben, so überhöht der Film auch diese planlos aneinandergereihten Szenen einer Ehe ins Phantastische. Die "Befreite Lust" ist die einer aus allen Fesseln gesprengten Bürgerlichkeit. Da werden Ringe auf Finger geschoben und Kinder gezeugt, da werden Tomatensoßen in riesigen Küchen gekocht, da wird sich geliebt, aber wenn schon, dann bitte gleich im Folterkeller.

Auch die Ehe ist hier ein Spiel, vielleicht ist sie sogar der ultimative sadomasochistische Kick: Ich gehöre dir, du gehörst mir, bis in alle Ewigkeit. Die ersten beiden Teile waren dafür nur Vorbereitung. Am Ende aber kommt es beim Sex, wie auch sonst, darauf an, Ja zu sagen: "Ich will". Und dann damit leben zu können, dass das Gegenüber einen kontrolliert.

Fifty Shades of Grey - Befreite Lust , USA 2018 - Regie: James Foley. Buch: Niall Leonard, E.L. James. Kamera: John Schwartzman. Musik: Danny Elfman. Mit: Dakota Johnson, Jamie Dornan, Rita Ora, Luke Grimes, Eloise Mumford. Verleih: Universal, 105 Minuten.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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