Kunstauktion:Fidus unterm Hammer

Hugo Höppener, genannt Fidus, war ein schillernder Jugendstilkünstler, esoterischer Naturapostel und politischer Vollidiot. Das Berliner Auktionshaus Bassenge versteigert nun ein großes Konvolut zum Teil museumsreifer Werke.

Von Peter Richter

Kunstauktion: Giordano Bruno

Giordano Bruno

(Foto: Bassenge/Galerie Bassenge, Berlin)

Eigentlich hieß der Mann Hugo Höppener und wurde 1868 in Lübeck geboren. Den Spitznamen Fidus, also der Getreue, erhielt er erst, als er sich der kleinen bayerischen Nudisten-Sekte des Kunstmalers und Vegetarismus-Apostels Karl Wilhelm Diefenbach angeschlossen und an des Meisters Stelle wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses in Haft gegangen war. Später malte und zeichnete er selbst sehr schön und erfolgreich und versuchte, sich seine eigene Gefolgschaft aufzubauen. Dazu schritt er jesushaarig sowie in leinernen Heilands-Gewändern "im kiefernfrischen Osten von Berlin" einher (erst Friedrichshagen, dann Woltersdorf bei Erkner) und war, selbstverständlich, glühender Anhänger der Theosophie, gleichzeitig aber auch eines mystischen Märchen-Germanentums. Sein zum "Lichtgebet" gereckter Knabenakt, immerhin die am weitesten verbreitete Bildpostkarte des Deutschen Reichs, zeigte in Wahrheit eine getanzte Lebensrune. Dass er mit seinem völkischen Fimmel selbst den Nazis so auf die Nerven ging, dass sie ihn peinlich berührt links liegen ließen, hat seinen Nachruhm genauso wenig retten können wie die Tatsache, dass er kurz vor seinem Tod 1948 noch ein Porträt von Stalin schuf. Fidus wurde bei den Hippies in Kalifornien populär; in Deutschland wurde er nur noch selten angefasst - und wenn, dann mit eher spitzen Fingern. Dass aus einer Privatsammlung ein dermaßen üppiges Konvolut auf den Markt kommt wie diesen Samstagnachmittag im Berliner Auktionshaus Bassenge, hat es im Grunde überhaupt noch nie gegeben und wird wohl auch so schnell nicht wieder passieren. Das Angebot reicht von ornamentalen Zeichnungen voller naturnaher Nackedeis über ätheräugige Aura-Gemälde, die heute noch jeder Esoterik-Messe als Werbeplakat eine Zierde wären, bis zu einem absolut museumsreifen Bildnis des Giordano Bruno, der den Betrachter mit den für Fidus typischen kosmosgroß aufgerissenen Augen in Grund und Boden hypnotisiert.

Genau genommen wäre sogar alles in einem Museum am besten aufgehoben, der ganze heikle Komplex, wissenschaftlich betreut und aufgearbeitet. Denn dass das Werk dieses Mannes, der bei seinen speziellen Interessenlagen heute womöglich auch zum Posterboy von sogenannten Querdenker-Demonstrationen taugen würde, nun zur Privatandacht in alle Winde verstreut wird, das ist ja auch irgendwie eher traurig.

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