Feuer in Kirchen:Holz vs. Stahl

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Vorsicht mit Wassersprinklern, sie können den Schaden auch noch vergrößern: Wie sich deutsche Kirchen für den Katastrophenfall rüsten, falls in ihnen, wie in Notre-Dame, ein Feuer ausbrechen sollte.

Von Juliane Funke und Moritz Geier

Es kommt nicht oft vor, dass sich die Öffentlichkeit für Trockensteigleitungen und Brandschutzverordnungen interessiert. Aber da die Kathedrale Notre-Dame in Paris gebrannt hat, können sich die Dombaumeisterinnen und Dombaumeister deutscher Kathedralen kaum retten vor Anrufen. Könnten auch deutsche Denkmäler einen solchen Brand erleben?

"Absolute Sicherheit hat man nie", sagt Friederike Walter. Sie spricht für den Dom zu Speyer, wie in Paris ist auch sein Dachstuhl aus Holz und damit leicht entflammbar. Trockensteigleitungen gehören in Speyer zur Standardausstattung. Rohrvorrichtungen also, die es der Feuerwehr ermöglichen, Wasser schnell in die höheren Etagen eines Bauwerks zu transportieren. Im Gegensatz zur Pariser Kathedrale besitzt der Dom kein Blei-, sondern ein Kupferdach. Wenn es brennt, tropft nichts herunter. Allerdings muss ein Kupferdach erst mal geöffnet werden, um an den Brandherd zu kommen, gibt Walter zu bedenken.

In Frankreich hat die Versicherungsgesellschaft Groupama gerade angekündigt, 1300 Eichen aus Wäldern in der Normandie für den Wiederaufbau von Notre-Dame zu spenden. Im Ulmer Münster, der größten evangelischen Kirche in Deutschland, wurde das Holz von 13 Eichen verbaut, sagt Baumeister Michael Hilbert, das ist "ein Prozent des brennbaren Materials von Notre-Dame". Der Dachstuhl in Ulm ist aus Stahl.

In Münster dagegen setzen die Konstrukteure bewusst auf den Baustoff Holz. Der St.-Paulus-Dom wurde von 2010 bis 2013 saniert, der stählerne Glockenstuhl durch einen hölzernen ersetzt. Ist das nicht ein höheres Brandrisiko? Anke Lucht, Sprecherin des Bistums, verweist darauf, dass die Baustoffe unterschiedlich auf Hitze reagieren: "Holz verkohlt im Brandfall zunächst an der Oberfläche, wodurch sich eine Art Schutzschicht bildet, die ein weiteres Abbrennen behindert." Zudem habe Holz eine geringe Wärmeleitfähigkeit, es könne die Statik eines brennenden Gebäudes vergleichsweise lange aufrechterhalten. Stahl dagegen fange bei hohen Temperaturen schnell an zu glühen, sich auszudehnen und verliere so seine statischen Fähigkeiten. Holz, Blei, Kupfer, Stahl? "Den perfekten Baustoff gibt es nicht", sagt Lucht.

Umstritten hingegen sind Sprinkleranlagen in Kirchen, Speyer und Ulm haben keine. Sie verursachten eher Schaden, als dass sie ihn verhinderten, sagt Friederike Walter. Außerdem könne eine solche Anlage versehentlich ausgelöst werden. Im Aachener Dom dagegen ist eine Sprinkleranlage eingebaut, die auf Rauchentwicklung automatisch reagiert. Damit das Wasser keinen Schaden anrichtet, sind alle Gewölbe an der Oberseite durch eine Zementschicht geschützt, sagt Dombaumeister Helmut Maintz. Das Brandrisiko für den mit hölzernen Dachstühlen ausgestatteten Aachener Dom hält er für hoch. Auch Blitzschlag sei eine Gefahr.

Ähnlich wie für die gerettete Dornenkrone von Notre-Dame gibt es auch in deutschen Kirchen Rettungspläne für Kunstwerke und Reliquien. In Aachen liege ein mit der Feuerwehr erarbeitetes Konzept vor, sagt Maintz. Je nachdem, wo es brenne, stünden das Gnadenbild (eine Marienfigur), Karlsschrein und Marienschrein und die Pala d'oro, ein Altarbild, das als Meisterwerk ottonischer Goldschmiedekunst gilt, oben auf der Liste. Der wertvolle Karlsthron ist dagegen fest verbaut, könnte also nicht weggeschafft werden. In Speyer sollen als erstes nicht Kunstwerke, sondern geweihte Hostien evakuiert werden. Im evangelischen Ulmer Münster gibt es keine Rettungslisten. Das mache keinen Sinn, sagt Hilbert, man müsse im Fall einer Havarie je nach Situation entscheiden.

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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