Festspiele - Erfurt:Schramm über Festival: "Nicht entmutigen lassen"

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Erfurt (dpa/th) - Zwei Tage nach dem antisemitischen Anschlag in Halle haben die Macher der Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur ihre Betroffenheit betont. In Halle sei Jom Kippur als höchster jüdische Feier- und als Versöhnungstag, ausgenutzt worden, sagte der Vorsitzende des Fördervereins des Festivals Ricklef Münnich am Freitag in Erfurt.

Am Mittwoch hatte ein schwerbewaffneter Rechtsextremist versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Dutzende Gläubige waren dort für einen Gottesdienst zu Jom Kippur versammelt gewesen. Der Anschlag auf die Synagoge scheiterte. Der Mann soll vor der Synagoge und später in einem nahen Döner-Imbiss zwei Menschen erschossen haben. Außerdem soll er weitere Menschen verletzt haben. Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft ist ein Bekennervideo zum Angriff eindeutig antisemitisch und rechtsextremistisch.

Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm sagte: "Wir haben Angst, dass das der Anfang ist", sagte Schramm mit Blick auf Halle. "Ich hoffe, ich irre mich." Für die Kulturtage solle es aber keine Entmutigung sein. Dennoch müsse über die Sicherheit bei den Veranstaltungen des Festivals nachgedacht werden. Die Polizei entscheide jeweils, welcher Schutz nötig sei, sagte der künstlerische Leiter des Festivals, Michael Dissmeier, bei der Vorstellung des Programms am Freitag. Das Festival vermittle in einer großen Breite Wissen über jüdische Kultur und jüdisches Leben und würde helfen, daran zu erinnern, dass beides auch zu Deutschland gehöre, betonte Schramm.

In 24 Städten und Orten in ganz Thüringen sind 100 Lesungen, Konzerte, Filme, Ausstellungen und mehr geplant. Thematischer Schwerpunkt ist das moderne Israel, um den Blick auf das Nahost-Land zu erweitern, so Dissmeier. Die Kulturtage laufen vom 30. Oktober bis 16. November.

"Israel bezogener Antisemitismus ist das Schlimmste, was Juden passieren kann", sagte Schramm. Denn dieser sei die Klammer, die alle Antisemiten verbinde - egal ob etwa aus dem rechtsextremen oder islamistischen Spektrum. Mit dem Festival solle aber auch der Reichtum jüdischer Kulturen gefeiert werden, betonte Dissmeier. Solche Vielfalt sei Antisemiten und Rechtsextremen ein Dorn im Auge.

Viele israelische Künstler werden für die Kulturtage erwartet. Unter anderem spielt die Sängerin, Pianistin und Posaunistin Noam Vazana bei der Eröffnung des Festivals. Die Künstlerin Victoria Hanna wird innerhalb einer Performance bei einer Fachkonferenz während des Festivals in einer Performance Kunst und Wissenschaft verbinden. Eine Ausstellung mit Arbeiten des Fotografen Ilan Nachum in der Bibliothek der Bauhaus-Uni in Weimar soll das moderne Leben in Israel auch aus kontroversen Perspektiven zeigen.

Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Veranstaltungen. Dazu gehören auch Angebote für Schulen. "Es gibt nur ein einziges Mittel gegen Antisemitismus und das ist Erziehung", sagte Dissmeier.

Gefördert werden die Kulturtage vor allem durch die Staatskanzlei. Schirmherr ist Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

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