Festival:Vom Genre befreit

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Ein Violinduo in der Milla: die Geschwister Marie-Luise und Christoph Dingler als "The Twiolins". (Foto: Christoph Asmus)

"Progressive Chamber Music" in der Milla

Von Oliver Hochkeppel, München

Vielleicht kann man es auch so sagen: Der Geiger Gregor Hübner wollte sich noch nie festnageln lassen. Weder auf Klassik noch auf Jazz, wo sein Instrument ohnehin immer noch eine Exotenrolle hat; weder auf Tradition oder Avantgarde; weder auf Spaß oder Ernst; weder auf Solo, Band, Kammermusik oder Orchester; weder auf München, wo er eine Professur hat, noch auf New York, wo er wohnt. Also hat er einfach immer alles gemacht. War eine solche Bandbreite zu den Jugendzeiten des heute 52-Jährigen noch rar, so liegt es heute im Trend der jungen Musiker aller Genres. Hübner hat also Mitstreiter bekommen, oder, um es in seinen Worten zu sagen: "Die Genre-Grenzen werden immer ungenauer und blenden sich gar selbst aus. Der stetige Austausch von Musikern und Ensembles rüttelt an den Grundpfeilern des musikalischen Establishments." Nirgendwo ist dieses Rütteln so heftig wie in der Weltmusikhauptstadt New York, weswegen Hübner dort schon vor zwei Jahren sein "Progressive Chamber Music Festival" vom Stapel ließ, im für ungewöhnliche Projekte berühmten "Spectrum".

Einen vergleichbaren Club gibt es in München seit ein paar Jahren mit der Milla, überdies ist Gerd Baumann dort der künstlerische Leiter, Freund und Professorenkollege von Hübner an der Musikhochschule. Auch Baumann gehört seit jeher zu den Grenzüberschreitern, als Gitarrist, Komponist, Filmmusiker, Produzent und Label-Chef. Die beiden sind nun also die Säulen des seit dem vergangenen Jahr in New York und München situierten Festivals, das sich an zwei Abenden der Begegnung von Musikern verpflichtet hat.

Acht Short-Cut-Konzerte, nicht länger als eine Dreiviertelstunde, gibt es da zu erleben, zweimal mit Hübners New Yorker Sirius Quartet mit Fung Chern Hwei an der zweiten Violine, Ron Lawrence an der Viola und Jeremy Harman am Cello, das mit seiner musikalischen Ausrichtung zwischen Klassik, Jazz und Avantgarde der Nukleus des Projektes ist. Am ersten Tag trifft man auf Parade, ein Trio mit dem jungen Pianisten Sam Hylton, dem Bassisten Benjamin Schäfer und der Sängerin und Multiinstrumentalistin Maria Moling, am zweiten auf die vor allem durch Quadro Nuevo - mit Frontmann Mulo Francel unternahm sie noch wenige Tage zuvor einen anstrengenden Trip auf die Berge des Sinai - bekannte Harfenistin Evelyn Huber, wobei auch das gerade erschienene gemeinsame Album "Para Un Mejor Mundo - For A better world" vorgestellt wird.

Eröffnen dürfen das Festival die Munich Opera Horns zusammen mit dem Pentanemos Bläserquintett, weitere Programmpunkte sind das Bläserquartett Tetra Brass, der Sound-Experimentator Alex Maschke, The Twiolins und das Spelunken Orchestra, ins Finale geht es mit dem vielköpfigen Munich Composer Collective aus Studierenden, Lehrenden und Alumni der Musikhochschule.

Progressive Chamber Music ; Do. und Fr., 6. und 7. Nov., 20 Uhr, Milla, Holzstraße 28

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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