Süddeutsche Zeitung

Festival:Traditionell innovativ

Zu Pfingsten finden die 35. Tage Alter Musik in Regensburg statt

Von Henrik Oerding, Regensburg

Mit 35 Jahren fühlt man sich noch nicht alt, das wird jeder Mittdreißiger bestätigen. Für ein Musikfestival ist das aber doch ein recht beeindruckendes Alter. Die "Tage Alter Musik" finden von Freitag an zum 35. Mal statt und vielleicht hält sie gerade das "alt" im Namen jung: Das Festival widmet sich der historischen Aufführungspraxis - eine Nische, vor über drei Jahrzehnten noch mehr als heute, in der aber seit jeher viele innovative Ansätze ihren Platz finden. Das zeigt sich schon an der internationalen Besetzung der insgesamt 15 Konzerte bei dem Festival. Ensembles aus Deutschland sind eher in der Unterzahl, dafür sind unter anderem Großbritannien, die USA, Italien oder Polen vertreten. Und auch das Programm wirft den Blick weit über den mitteleuropäischen Tellerrand hinaus. So etwa beim Konzert von "Seconda Pract!ica" aus den Niederlanden, in dem das Ensemble Alte Musik aus dem portugiesischem Kolonialreich spielt (Sonntag, elf Uhr, Reichssaal).

Nach Südamerika geht es noch in zwei weiteren Konzerten: Der Chœur de Chambre de Namur und die Cappella Mediterranea aus Belgien präsentieren die spanische Musik aus der Alten wie aus der Neuen Welt (Sonntag, 20 Uhr, Basilika Sankt Emmeram). L'Harmonie des Saisons aus Kanada setzt sich zum Ziel, südamerikanische Musik des 17. und 18. Jahrhunderts aus Archiven wiederzubeleben (Montag, 16 Uhr, Sankt-Oswald-Kirche). Dazu geben die Kanadier ein außergewöhnliches Sonderkonzert: Sie spielen Beatles-Songs, arrangiert für Barockorchester (Montag, 20 Uhr, Konzertsaal Leerer Beutel).

Ungewohnte Klänge erwarten die Besucher auch durch die gespielten Instrumente. Die Kanadierin Mélisande Corriveau interpretiert Werke von Bach und französischen Komponisten auf dem Pardessus de Viole, dem kleinsten und höchsten Instrument der Gambenfamilie (Samstag, 11.30 Uhr, Sankt Ägidius). Entsprechend der Tradition der "Oboistenbande" am Hof Ludwigs XIV. spielt die Zefiro Oboe Band aus Italien ein Freiluftkonzert. Es erklingt Musik für sechs Oboen, drei Fagotte, zwei Taillen (Oboen in Alt- und Tenorlage) und Schlagwerk (Sonntag, Innenhof Thon-Dittmer Palais, 14 Uhr).

Eine kurzfristige Programmänderung gibt es noch: Die Matthäus-Passion mit dem französischen Ensemble Akadêmia musste abgesagt werden, stattdessen spielt nun die Hofkapelle München zwei Orchesterouvertüren und drei Brandenburgische Konzerte von Bach. 15 Konzerte stehen so auf dem Programm, sie machen klar: Von Midlife-Crisis ist in Regensburg nichts zu spüren.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2019
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