Festival:Tote Hose ohne die Hosen

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Ein Hingucker, das schon, aber musikalisch eher ein Relikt aus den Neunzigerjahren: Fred Durst, der Sänger von "Limp Bizkit", auf dem Königsplatz. (Foto: Robert Haas)

Beim "Rockavaria" auf dem Königsplatz begeistern vor allem die Bands auf der kleinen Bühne - und natürlich "Iron Maiden"

Von Jürgen Moises, München

Also so fühlt es sich an, Bruce Dickinson zu sein. Das sagt Royal-Republic-Sänger Adam Grahn, als seine Band den Iron-Maiden-Song "Fear Of The Dark" anstimmt. Dazu gibt es zwar keine opulente Lichtshow oder Pyrotechnik, wie sie die britische Metal-Band am ersten Rockavaria-Tag als Headliner auf dem Münchner Königsplatz geboten hat. Zudem müssen sich die Schweden in ihren goldglitzernden Jacketts mit der "Green Stage" hinter der Glyptothek, also der kleinen Bühne begnügen. Aber dafür spielen sie am Sonntag dort als Headliner. Und das zu Recht, wie sie mit einem höchst unterhaltsamen Auftritt beweisen. Gut, ihre Musik klingt wie eine Blaupause zu Bands wie Franz Ferdinand oder The Hives. Aber die vier Schweden haben Humor und Chuzpe, die Gitarrenriffs sind mitreißend. Die Folge sind zwei herbeigejubelte Zugaben.

Gäbe es einen Preis für die sympathischste Band, den hätten Royal Republic am zweiten Festivaltag verdient. Wobei auch der Auftritt von Rose Tattoo auf der "Green Stage" grundsympathisch war. Mit ihrem "sweet Rock'n'Roll" zeigte die seit 1976 existierende australische Band, warum man sie "die kleinen AC/DCs" nennt. Geprägt wird deren Sound durch den rauen Gesang des 71 Jahre alten Gary "Angry" Anderson, der auch gleich noch ein paar Lebensweisheiten parat hat. Etwa: Vermeide nicht den Schmerz, denn er ist ein großer Lehrmeister. Oder: Glaube daran, wer du bist, nicht was du bist. Im Falle von Anderson würde dieses "wer" genauso wie das "was" wohl heißen: eine musikalische Institution.

Eine Institution, die war auch mal die nordirdische Band Therapy? in den 90ern. Das ist etwas her, und ihr Alternative-Rock-Sound klingt nach 15 Alben zugegebenermaßen nicht mehr ganz so frisch. Ansonsten war ihr Auftritt mit Hits wie "Teethgrinder" grundsolide. Die Stimmung war gut. Der Platz war voll. Und wäre der Tag auf der "Green Stage" nun das ganze Rockavaria gewesen, und das zu einem moderateren Eintrittspreis, könnte man sagen: Das Ganze war vielleicht kein musikalisches Ereignis, aber vom Unterhaltungswert rundum gelungen.

Übrigens: Besitzer eines Sonntags- Tickets, die nach der Tote-Hosen-Absage doch nicht teilnehmen wollten, bekommen gegen Vorlage der Nicht-entwerteten Karte bei München-Ticket ihr Geld zurück.. Aber es gab auch Konzerte auf dem Königsplatz, der "Kings Stage", zwischen Glyptothek, Propyläen und Antikensammlungen als prächtiger Kulisse. Dort lief es nach einem Regenschauer angenehm und sehr gechillt ab. Etwas zu gechillt, um es mal so zu sagen. Vorne auf der Bühne mühten sich tagsüber die Bands Turbobier und Dog Eat Dog sowie die Emil Bulls redlich ab. Direkt vor der Bühne trafen sie dabei auf eine durchaus feierwütige Menge. Der Rest der Zuschauer verteilte sich aber recht frei und überschaubar über den Platz. Richtige Festivalstimmung kam dort erst nach 20 Uhr auf, als die Nebenbühne geschlossen war und die Donots auf der "King's Stage" spielten. Weil der Platz erstmals relativ voll aussah, und sich Sänger Ingo Knollmann mit vollem Körpereinsatz bemühte, als deutscher Rocksänger ein würdiger Ersatz für Campino zu sein, den Sänger der Toten Hosen, die bekanntlich wegen des Hörsturzes ihres Frontmanns als Headliner ausfielen. Diese Rolle fiel nun Limp Bizkit zu. Die US-Nu-Metal-Band hat seit acht Jahren kein neues Album mehr gemacht. Zudem ist der Baseball-Käppi tragende Sänger Fred Durst trotz seiner Blümchenhose nicht gerade ein Charmebolzen und redet seine Fans am liebsten mit "motherfuckers" an. Dafür kamen ihre alten Hits wie "Take a look around" irgendwie immer noch gut an. Sie passten zum Retro-Feeling, das weitgehend den Festivaltag bestimmte. Wirklich festival-tragend waren Limp Bizkit damit trotzdem nicht. Womit bei diesem eh geschrumpften Rockvaria Iron Maiden doch die einzig "großformatige" und zugkräftige Band blieben. Für ein großes Rockfestival auf einem "Königsplatz" ist das leider zu wenig.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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