Festival:Lesend reisen

Die Landshuter Literaturtage weiten den Blick auf Europa aus

Von Sabine Reithmaier, Landshut

Zu neuen Ufern aufbrechen wollen die Landshuter Literaturtage. So formulieren es Uta Spies und Christian Muggenthaler, die Organisatoren. Bislang widmete sich das Festival oft einem einzigen Autor oder einem einzigen Genre - im Vorjahr standen etwa Heimatkrimis im Fokus. Diesmal werden die Grenzen Deutschlands gesprengt, eine Blickrichtung, die das Festival in dieser nervösen Zeit bewusst einnimmt. "Europa liest sich gut!" lautet das Motto der 19. Auflage des größten Literaturfestivals Ostbayerns.

Die Erkundung Europas erfolgt in vielerlei Hinsicht. 17 Lesungen, Reiseberichte, Vorträge, Diskussionen stehen auf dem dreiwöchigen Programm. So erzählt Harald Grill von seiner Balkanreise durch Rumänien und Bulgarien bis Odessa. Aus seinem Tagebuch entstand das Buch "Hinter drei Sonnenaufgängen", geschrieben aus der Perspektive eines behutsamen Entdeckers. Auch Ana Zirner berichtet von konkreten Reiseerfahrungen. Die junge Autorin und Regisseurin hat im Sommer 2017 die Alpen von Ost nach West überquert, legte binnen 60 Tagen 2000 Kilometer alleine von Ljubljana bis Grenoble zurück.

Um eine ganz andere Erfahrung geht es in Monika Marons "Munin oder Chaos im Kopf". Der Roman erzählt davon, wie viel Anderes eine Gesellschaft verträgt und wie wenig es braucht, um in Streit zu geraten. Eigentlich geht es nur um eine Nachbarschaft, die wegen einer Frau, die lauthals und falsch auf ihrem Balkon singt, aus den Fugen gerät. Der Roman ist nicht unumstritten, schließlich lässt Maron eine Krähe auch politisch Unkorrektes krächzen.

Einstimmig gefeiert wird der Roman "Alle, außer mir" der italienischen Bestseller-Autorin Francesca Melandri. In dem Familienepos thematisiert sie die Kolonialvergangenheit Italiens und deren Schatten, die in die Gegenwart reichen. Gleich um zwei Familiengeschichten in New York und im Donaudelta geht es im Roman "Der Mann, der das Glück bringt" von Catalin Dorian Florescu. Er selbst ist ebenfalls in zwei Welten zu Hause: Geboren in Rumänien, wanderte er mit seinen Eltern in die Schweiz aus, studierte Psychologie, arbeitete als Suchttherapeut, lebt jetzt als Autor.

Und es gibt sogar eine echte Wanderung durch Landshut: Oliver Karbus, Theaterregisseur, Schauspieler und Lyrik-Experte, lädt ein zur europäischen Gedicht-Wanderung in die Altstadt. In fünf besonderen Räumen rezitiert er für die Reisegruppe je eine Viertelstunde Lyrik aus jeweils einem anderen europäischen Land (19.11., 17.30 Uhr).

Landshuter Literaturtage, 3. bis 25. November, Infos: www.landshuter-literaturtage.de

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