Festival:Integriert

Festival: Morteza Nikqadamm (ganz hinten) ist einer der Festivalkuratoren - hier beim Dreh eines Trailers mit dem Sänger "Jarck Boy" (Mitte).

Morteza Nikqadamm (ganz hinten) ist einer der Festivalkuratoren - hier beim Dreh eines Trailers mit dem Sänger "Jarck Boy" (Mitte).

(Foto: Max Kratzer)

"Kino Asyl" zeigt 14 Filme, die von jungen Flüchtlingen kuratiert wurden

Von Barbara Hordych

Wenn hierzulande Schüler davon träumen, für immer schulfrei zu haben, sehen das afghanische Kinder genau umgekehrt: Miriam beispielsweise ist ein siebenjähriges Mädchen, das mit ihren Eltern in Iran lebt und davon träumt, in die Schule gehen zu dürfen. Ein Recht, das ihr verweigert wird, weil sie Afghanin ist. Trotzdem versuchen ihre Eltern alles, um ihrer Tochter den Wunsch zu erfüllen. Den afghanischen Film "Madresa" hat der 28-jährige Morteza Nikqadamm für das Festival "Kino Asyl" ausgesucht, das von Sonntag, 2., bis Freitag, 7. Dezember, in den Kammerspielen, dem Gasteig, in der Filmhochschule und im Bellevue di Monaco 14 Filme zeigt, die in München lebende junge Flüchtlinge aus unterschiedlichen Herkunftsländern kuratiert haben.

"Bildung ist für mich ein sehr wichtiges Thema. ,Madresa' hat viel mit meiner eigenen Lebensgeschichte zu tun, denn er zeigt, welche Schwierigkeiten die in Iran lebenden Afghanen haben", erzählt Nikqadamm. Geboren als Sohn afghanischer Eltern in Iran, gelang es seinen Eltern nur mit großer Mühe, ihrem Sohn den Schulbesuch zu ermöglichen. "Als mein Vater starb, war ich 15 Jahre alt. Danach konnte niemand mehr mein Schulgeld bezahlen, also ging ich in eine Schneiderwerkstatt." Vor vier Jahren flüchtete Nikqadamm nach München, machte im Volkstheater eine Lehre als Herrenschneider. "Gerade laufen die letzten Proben für Christian Stückls Premiere am Freitag, da muss immer noch etwas geändert werden", sagt der Schneider, der inzwischen flüssig Deutsch spricht. Dass "Madresa" nun doch nicht, wie im Festivalprogramm angekündigt, läuft, ist eine andere Geschichte.

"Die wiederum auch ein wichtiger Teil dieses Festivals ist", sagt Thomas Kupser vom Medienzentrum, das gemeinsam mit Refugio München "Kino Asyl" veranstaltet. "Es gelingt nicht immer, die von den jungen Kuratoren ausgewählten Filme zu bekommen." "Madresa" gebe es zwar auf Youtube zu sehen. "Doch die Qualität ist viel zu schlecht, um den Film so auf der großen Leinwand zu zeigen", sagt Kupser. Er und Nikqadamm hatten sogar Kontakt mit dem afghanischen Regisseur Asad Sikander, der versprach, eine bessere Kopie zu schicken. "Doch dann riss der Kontakt ab, wir wissen nicht, was passiert ist", sagt Kupser.

Im vierten Jahr von "Kino Asyl" gebe es eine Verschiebung zu beobachten, sagt Kupser. "Die Filme behandeln nicht mehr nur die gerade verlassene Heimat, sondern rücken das Leben in der neuen Heimat in den Fokus." Dazu gehören die Dokumentationen "Newcomers" des Syrers Ma'an Mouslli, der Flüchtlinge in Deutschland befragte, und "Facing Mekka" über einen syrischen Flüchtling, der in einem Schweizer Dorf darum kämpft, seine verstorbene Frau nach muslimischem Brauch beerdigen zu dürfen. Und da ist "Omid", der Kurzfilm über einen afghanischen Flüchtling, der in Berlin auf die Antwort zu seinem Asylantrag wartet. Ausgesucht hat den Film Ali Khorash, der mit dem Regisseur Masih Tajzai gut befreundet ist, "früher mit ihm an der Filmhochschule in Kabul studierte", erzählt Kupser.

Sie alle nutzen das Medium Film, um ihren Erfahrungen eine Stimme zu geben. Deshalb hat auch Nikqadamm, der Schneider vom Volkstheater, eine eigene kleine Filmgruppe mit jungen afghanischen Studenten gegründet. "Noch machen wir kleine Projekte, aber wir wollen bald längere versuchen", sagt er. Doch jetzt müssen erst noch die durchsichtigen Hemden für die Premiere ausgebessert werden. Das Stück? "Glaube Liebe Hoffnung".

Kino Asyl; Sonntag, 2., bis Freitag, 7. Dezember, verschiedene Orte, Programm im Internet unter: www.kinoasyl.de/festival-2018

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