Festival:Gefühl der Geborgenheit

Festival: Mit einem geradezu magischen Blues-Erlebnis endete das Heimatsound-Festival: Der lässige Jesper Munk atmete seine Gitarre mehr, als dass er spielte.

Mit einem geradezu magischen Blues-Erlebnis endete das Heimatsound-Festival: Der lässige Jesper Munk atmete seine Gitarre mehr, als dass er spielte.

(Foto: Gabriela Neeb)

Das Heimatsound-Festival in Oberammergau wirkt wie ein Familienfest

Von DIRK WAGNER, Oberammergau

Himmelreich 52. Hat es je eine stimmigere Adresse für ein Schwimmbad gegeben als diese in Oberammergau? Zahlreiche Besucher des Heimatsound-Festivals entspannen hier am Vormittag des zweiten Festivaltags. Sei es, weil es denen, die auf dem Festival zelten, Duschmöglichkeiten bietet. Oder sei es, weil es wahrlich nichts Himmlischeres gibt, als sich mit dem hier gebotenen Alpenpanorama im Schwimmbecken zu erfrischen. Zumal der Eintritt für Festivalbesucher ermäßigt ist. Nicht wenige investieren das eingesparte Geld allerdings dort wieder in ein Weißwurstfrühstück. Somit zählt auch der Wellenberg, wie das Alpenbad heißt, zu den Gewinnern des Festivals, das im Passionstheater alljährlich den Klang der Heimat in überwiegend popmusikalischen Darbietungen aufspürt.

Wobei Heimat kein Ort sein muss, wie der Moderator Achim Sechzig Bogdahn betont. Heimat könne auch ein Gefühl sein. Streng genommen, so möchte man die klugen Worte des Moderatoren ergänzen, ist Heimat eigentlich immer ein Gefühl. Das Gefühl der Verbundenheit nämlich, des Geborgen-Seins im Idealfall, oder kurz: des Zuhause-Seins. Und auf dem Heimatsound-Festival fühlt man sich zuhause! Darum erinnert es viele Stammgäste auch an ein Familienfest, an die Begegnung mit lieben Verwandten also, die man sonst kaum zu Gesicht bekommt.

Doch ein Verwandter fehlt heuer: Achim Bergmann von Trikont, der am 1. März verstarb. Seiner wird darum auf dem Festival gedacht. Nicht mit einer üblichen Schweigeminute, sondern mit einem kräftigen Applaus. Ein Applaus für sein Lebenswerk, das auch in Teilen des Festivalprogramms weiter wirkt. Im Auftritt der Kofelgschroa zum Beispiel, die Maria Hafner von Mrs. Zwirbl auf Violine und Cello verstärkt. Oder im gefeierten Auftritt der Zitronen Püppies, die von einem tanzenden Fan im Zitronen-Gewand verstärkt werden. Oder in der grenzenlosen Musik der vierzehnköpfigen Express Brass Band, die ganz ohne Verstärker am Trikont-Stand außerhalb des Passionstheaters noch ein zweites kurzes Konzert gibt. Eines, das auch die Mitfeiernden erreicht, die zwar den Volksfestcharakter um das Theater herum genießen, die für die ausverkauften Konzerte darin aber keine Eintrittskarte mehr bekamen. Ähnlich spontan spielt am zweiten Tag übrigens der nicht angekündigte Hannes Ringlstetter ein kurzes Konzert außerhalb des Theaters. Quasi als überraschendes Pausenprogramm vor den Bananafishbones.

Vorab überzeugten im Theater Ernst Molden, Walther Soyka und Willi Resetarits, der mit der Politrockband Schmetterlinge ebenso österreichische Rockgeschichte schrieb wie danach als Ostbahn-Kurti. Gleichwohl vorab Formationen wie Folkshilfe und wie Lenze und de Buam das Publikum in eine ausgelassene Partystimmung versetzt hatten, erreichten Molden, Soyka und Resetarits die Zuschauer auch mit leisen lyrischen Klängen. Oder um es mit den tiefstapelnden Worten Moldens zu sagen: "Wir mit unseren eingeschlafenen Balladen. Und ihr steigt voll drauf ein!"

Nun waren die Balladen zwar alles andere als "eingeschlafen", das Lob an ein Publikum, das sich tatsächlich geduldig auf jeden musikalischen Wechsel einließ, bleibt allerdings berechtigt. Zumal die Zuschauer auch immer wieder einige ärgerliche Klangdefizite im Passionstheater ertragen mussten. Defizite, die wohl darauf zurückzuführen sind, dass dieses Theater nicht für laute Konzerte konzipiert ist. Davon wussten auch die Auftretenden zu berichten, die entsprechende Klangschwierigkeiten auf der Bühne erfuhren. Trotzdem lobten aber auch sie das Festival als eines der schönsten aus. Eines, das heuer mit dem geradezu magischen Blues-Erlebnis Jesper Munk endete, der lässig beiläufig seine Gitarre mehr atmete als spielte.

Eingeweihte, die danach weiter feiern wollten, trafen sich nächtens noch im Hotel Kovel, wo der Münchner Schlagzeuger Tom Wu nicht nur sein neues Album präsentierte, sondern auch die beste Version von "Venus In Furs" lieferte - und zwar einschließlich der Originalfassung von Velvet Underground

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