Festival:Ganz schön ungezwungen

Folksmilch

Die österreichische Gruppe Folksmilch beschließt das Minifestival am Sonntag.

(Foto: Lucija Novak)

Beim "Alpenspektakel" auf Gut Sonnenhausen treffen sich Jazzer und Volksmusiker, für die Genregrenzen schon lange keine Bedeutung mehr haben

Von Oliver Hochkeppel

Im vergangenen Jahr musste Georg Schweisfurth, der Metzger-Rebell aus der "Hermannsdorfer"-Dynastie, abspecken - und zwar bei seinem Kulturprogramm als Hausherr des zum Hotel ausgebauten Gut Sonnenhausen. Nach einem Scheunenbrand wurde ein Neu- und Ausbau des Nebengebäudes fällig, für den alle Kräfte angespannt wurden. Heuer nun verdient der stets im September angesetzte Höhepunkt des Veranstaltungsreigens seinen Namen wieder: "Alpenspektakel".

Stephanie Boltz, selbst erfolgreiche Jazzsängerin (Le Bang Bang) und Agenturbetreiberin, die seit sechs Jahren die Sonnenhausener Konzertreihe betreut, holt als künstlerische Leiterin und "bekennende Voralpen-Heidi" wieder drei Tage lang einige der kreativsten und unverkrampftesten Künstler des Alpenraums zu einem Minifestival zusammen, bei dem Musik, Atmosphäre und Kulinarik eine unwiderstehliche Allianz eingehen.

Zum Aufwärmen spielt am Freitag um 18 Uhr die Stoabuckl Musi bayerische Tanzlmusik der neuesten Generation. Richtig los geht es danach mit Manu Delago, der seinem spanisch klingenden Namen zum Trotz ein echter Tiroler aus Innsbruck ist. Nach einer vom Rock geprägten Jugend und einer klassischen Ausbildung zum Schlagwerker entdeckte er 2003 das vielseitige, in der Schweiz erfundene Perkussionsinstrument Hang, dessen vielleicht größter Virtuose er wurde. Sein Solostück "Mono Desire" rangiert bis heute unter den Top 30 der bestbewerteten Youtube-Musikvideos. Seit vielen Jahren in London zu Hause und mit Stars wie Björk, Olafur Arnalds oder auch dem London Symphony Orchestra unterwegs, zieht es ihn immer wieder zurück in die Alpen; in Sonnenhausen zeigt er vor dem Konzert mit seinem Quartett seinen im Hochgebirge entstandenen Film "Parasol Peak".

Was Delago auch könnte, zelebriert der Berner Akkordeonist (mit bosnischen Wurzeln) Mario Batkovic am Samstagabend: Der 37-Jährige, der bereits mit Musikern von Radiohead und Portishead arbeitete, tritt als echtes Einmannorchester auf und zaubert Erstaunliches aus seinem Instrument hervor. Schon zuvor demonstrieren Raadie, das außergewöhnliche österreichische Duo des E-Zither-Spielers Christoph Dienz und des aktuell im europäischen Jazz durchstartenden Trompeters Lorenz Raab ihre im neuen Programm "Vast Potential" entworfenen akustisch-elektronischen, luftig groovenden Klanglandschaften nicht nur im Konzert, sondern bestreiten damit auch einen Workshop. Den ganzen Tag über begleitet der Tiroler Pianist, Organist und Akkordeonist Christian Wegscheider - der sonst im grandiosen eigenen Trio, aber auch seit vielen Jahren im Pepe Lienhard Orchester und bei Willi Resetarits' Stubnblues spielt - vor allem das heuer unter dem Generalthema "Brot & Butter" stehende lukullische Geschehen mit "Mini-Konzerten", also überraschenden Kurzauftritten zwischen Jazz, Jux und Volksmusik. Ins Bett geschickt wird man von Buffzack, dem jungen Münchner Quartett mit den drei Blechbläsern Andreas Unterreiner (Trompete), Lukas Jochner (Posaune) und Florian Mayrhofer (Tuba) sowie dem LBT-Drummer Sebastian Wolfgruber, das Volksmusikmuster auf Artfremdes von Hip-Hop und Metal bis zu Ska und Techno treffen lässt. Und das mit ebenso viel Poesie wie Humor.

Das als Matinee um 11.30 Uhr angesetzt Finale am Sonntag bestreiten schließlich Folksmilch. Das anno 2000 in Graz als Studentenensemble gegründete Trio mit dem Akkordeonisten und Perkussionisten Christian Bakanic, dem (derzeit auch mit dem Duo BartholomeyBittmann äußerst erfolgreichen) Geiger Klemens Bittmann sowie dem Bassisten und Sänger Eddie Luis gehört mit sieben Alben und noch mehr Programmen inzwischen weit über Österreich hinaus zu den beliebtesten musikalischen Grenzüberschreitern. In Sonnenhausen spielen sie erst ihren Crossover aus leidenschaftlichem Tango, virtuoser Klassik, mitreißendem Balkan-Swing und musikkabarettistischen Einlagen, bevor sie zur Jamsession einladen, bei der jeder mitmachen kann.

Alpenspektakel 2019, Freitag bis Sonntag, 20. bis 22. September, Gut Sonnenhausen bei Glonn, www.sonnenhausen.de

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