Süddeutsche Zeitung

Festival:Das Privatleben der Shrimps

Das Programm der Münchener Biennale

Von Rita Argauer

Über das Private wird nicht erst seit seiner inflationären Offenbarung auf Social-Media-Kanälen gestritten. Mal sollte das Private politisch sein, mal ging es darum, es aufwendig zu schützen. Die Münchener Biennale, die von 2. bis 12. Juni zum zweiten Mal unter der Leitung von Daniel Ott und Manos Tsangaris stattfindet, erhebt nun auch das Private zum Thema, aber erst einmal in einer nicht wertenden Form: "Privatsache" lautet das Motto des Festivals für neues Musiktheater, das in diesem Jahr 15 Uraufführungen präsentiert. Wie auch schon bei der Biennale 2016 legt das Leitungsduo sein Programm immer noch bewusst an die Grenze dessen, was man unter Musiktheater versteht, setzt aber mit einem Fokus auf Gesang und den Neuen Stuttgarter Vocalsolisten als "Artists in Residence" einen größeren Bezug zum traditionellen Musiktheater.

"Skull ark, uptured with no mast" der italienischen Komponistin Clara Iannotta, die gerade mit dem Förderpreis der Ernst-von-Siemens-Musikstiftung ausgezeichnet wurde und abstrakt und geräuschorientiert, aber durchaus auch akademisch komponiert, passt zu diesem Ansatz. Auch wenn die Komponistin die Geschichte zweier Shrimps vertont, die in der Tiefsee ihre Brutstätte in einem Schwamm nicht rechtzeitig verlassen und schließlich dort geschützt und gefangen gleichermaßen verharren müssen.

Das Stuttgarter Ensemble wirkt dann auch bei "Up close and personal" und Saskia Bladts "regno della musica - Terra" mit, das fünf Einzelwerke in Privatwohnungen präsentiert. Zudem gibt es mit "Liminal space" eine Zusammenarbeit mit der Münchner Musikhochschule, während das eher experimentelle "Nomictic Solutions" in der Villa Waldberta entstand und die "Technologie der Stimmenanalyse" auf einem Schiff auf dem Starnberger See vorführen wird. Das Eröffnungswerk des japanischen Komponisten Yasutaki Inamori in der Muffathalle wirkt dahingehend beinahe traditionell: In "Wir aus Glas" wird eine WG erforscht, in der das Leben in all seinen Facetten geteilt wird - vom Essen bis zum Toilettengang.

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Quelle:
SZ vom 23.02.2018
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