Fernsehserien auf der Berlinale:Meister der Serie

Berlinale 2015 - Internationale Jury

Drehbuchautor, Regisseur und Fernsehproduzent Matthew Weiner bei der Vorstellung der Jury der 65. Internationalen Filmfestspiele.

(Foto: dpa)

Die Berlinale entdeckt das Fernsehen: Mit dem "Mad Men"-Erfinder Matthew Weiner ist zum ersten Mal ein Fernsehmacher in die Jury des Filmfestivals berufen worden. Doch der wendet sich gerade dem Kino zu.

Von David Steinitz

In dem "Mad Men"-Schöpfer Matthew Weiner ist in diesem Jahr zum ersten Mal ein Filmemacher in der Berlinale-Jury vertreten, der allein durch Fernsehserien berühmt geworden ist. Am 14. Februar darf Weiner gemeinsam mit seinen Jury-Kinokollegen - unter anderem dem Regisseur Darren Aronofsky und den Schauspielern Daniel Brühl und Audrey Tautou -, im Berlinale-Palast den Goldenen Bären für den besten Film verleihen.

Kinomacher rümpften gern die Nase

Die Entscheidung von Festival-Chef Dieter Kosslick, den amerikanischen Serienmacher zum Juror zu küren, ist ein deutliches Signal an die Kinobranche. Denn gerade bei den klassischen großen Festivals in Berlin, Cannes und Venedig haben etablierte Kinomacher immer gern die Nase über ihre TV-Kollegen gerümpft. Doch am Hype um amerikanische TV-Serien kommen auch die Traditionalisten mittlerweile nicht mehr vorbei. Und gerade Matthew Weiner ist das Musterbeispiel einer neuen Generation von Geschichtenerzählern, die für die künftige Filmgeschichte mindestens ebenso relevant sein werden wie ihre Spielfilmkollegen.

Der 49-jährige Weiner wurde in Baltimore geboren, zog nach der Schule aber bald nach Los Angeles. Dort studierte er an der USC School of Cinematic Arts, einer der renommiertesten Filmhochschulen der Welt. Nach einigen kleineren TV-Arbeiten bekam er schnell eine lukrative Stelle als Drehbuchautor der erfolgreichen Ärzte-Sitcom "Becker".

Midlife-Crisis mit 35

Dennoch rutschte Weiner in eine verfrühte Midlife-Crisis: "Ich war 35 Jahre alt, hatte drei Kinder, einen tollen Job, aber ich fragte mich: Warum bin ich trotzdem unglücklich?" Die Antwort: weil er bislang nur Auftragsarbeiten gemacht hatte. Also setzte er sich abends nach Dienstschluss an den Schreibtisch und schrieb bereits 1999 die Pilotfolge für sein Meisterstück "Mad Men", eine wilde Komödie über die versoffene, kettenrauchende Werbebranche im New York der Sechzigerjahre.

Mit diesem Drehbuch machte er David Chase auf sich aufmerksam, der gerade seinen großen Durchbruch mit der Mafiaserie "The Sopranos" hatte. Chase holte Weiner in seinen "Writer's Room", also jene Kreativwerkstatt, in der eine ganze Armada von Top-Autoren an Serienplots und Dialogen feilt. Dort arbeitete sich Weiner schnell zu einem der leitenden Schreiber und Produzenten der "Sopranos" hoch - bis sein Mentor Chase ihn nicht mehr länger halten konnte. 2007 ermöglichte er es ihm, mit seiner "Sopranos"-Crew die erste Folge "Mad Men" zu drehen. Die Serie entwickelte sich zu einem riesigen Hit, bald laufen in den USA die letzten Folgen der finalen siebten Staffel.

Mit Serienfilmer-Wissen ins Kino

Und Weiner? Hat sich mit seinem geballten Serienfilmer-Wissen nun das Kino vorgenommen: Neben seiner Tätigkeit als Berlinale-Juror hat er im vergangenen Jahr sein Spielfilmdebüt fertiggestellt, das Road Movie "Are You Here", das in der Reihe Berlinale Special gezeigt wird. Natürlich eine wilde Komödie.

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