Fernando Botero in Berlin:Wir Statuen vom Bahnhof Zoo

Berlin schickt Fernando Boteros Statuen auf die Straße: Sie sollen bestaunt und betastet werden.Von Jens Bisky

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Kolossal muten sie an, die Figuren Fernando Boteros, die bis zum 25. November in Berlin zu sehen sind. Ihre Wirkung ist aber keineswegs abschreckend, sie laden zum Bestaunen und Befühlen ein.Von Jens Bisky

Das Kolossale hat einen schlechten Ruf. Der Wunsch, das Publikum durch schiere Größe zu beeindrucken, erscheint im Werk als Vorherrschaft des Schemas, als Triumph der Geste über die Details. Man kann nicht umhin, die Bronzeskulpturen Fernando Boteros kolossal zu nennen, und doch eignet ihnen nichts von Großmannssucht und Herrschaftswillen. Im Gegenteil: Sie wirken einladend, ermuntern den Betrachter, ...

Foto: boteroinberlin.com

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... sie zu betasten - was immer die beste Art bleibt, Skulpturen anzuschauen. Kinder und Verliebte wissen das und klettern unverfroren auf ihnen herum.

Sechzehn der Kolosse sind nun in Berlin zu sehen, zu befühlen. Ein Pferd steht vor dem Brandenburger Tor, die anderen Skulpturen des 75-jährigen Kolumbianers in geschichtsträchtigem Umfeld vor dem Alten Museum, im Lustgarten.

Es sei seine Überzeugung, sagte Botero am Dienstag zur Eröffnung der Freiluftausstellung, dass nicht das Publikum zur Kunst, sondern die Kunst zum Publikum kommen solle. Er schafft nicht fürs Museum, sieht sich aber in der Tradition europäischer Skulptur: der griechischen, etruskischen, vor allem aber der der Renaissance. Manche, ...

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... die ihre Sinne im Museum gebildet haben, rümpfen die Nase über die unmäßigen, dicken Körper, die er aus Bronze gießt. Eine sitzende Frau wiegt immerhin 900 Kilogramm, ein Pferd 1300. Der Ausdruck der Gesichter ist einfach, flach zuweilen, Köpfe und Geschlechtsorgane sind klein bis winzig geraten. Die polierten Oberflächen glänzen in der Sonne. Die sinnliche Präsenz der Leiber wird in der Gegenwart nur selten so auftrumpfend in Szene gesetzt wie hier. Sie ruhen in sich, scheinen von einem tiefen Einverständnis mit der Wirklichkeit zu künden. Vor drei Jahren hat Botero gefolterte Gefangene aus Abu-Ghraib gemalt. Seine Skulpturen dagegen rühmen die leuchtende Wirklichkeit. Sie tun dies fast scherzhaft: etwa wenn eine füllig hingestreckte Frau einen arg kleinen Apfel hinhält, ...

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... als warte sie auf irgendeinen Adam. Wer wollte ihr genügen?

Die Münchner Galerie Thomas hat viel dafür getan, dass Boteros Kolossalbronzen nun in Berlin bestaunt werden können. Die Stimmung im Lustgarten erinnerte den Kulturstaatssekretär André Schmitz bereits an die heitere Atmosphäre vor dem einst von Christo verhüllten Reichstag. Einer der Boteros, sagte Schmitz, müsse hier bleiben. Die Berliner können jetzt schon, vis-à-vis des Schlossplatzes, erleben, wie die ästhetische Konfrontation aussieht: Klassizistische Pferde und ein sehr gedrungenes aus Kolumbien.

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