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Feministin Claude Monteil:"Simone de Beauvoir war wie eine Maschinenpistole"

Claudine Monteil war eine Vertraute der berühmten Feministin Simone de Beauvoir. Sie erzählt von den wilden Siebzigern in Paris - und vom Kampf, der für Frauen nie vorbei sein wird.

Von Elisabeth Gamperl und Pia Ratzesberger

Claudine Monteil lebt in einer kleinen Wohnung in Montparnasse, an der Wand ein Porträt der Feministin Simone de Beauvoir. Mit ihr ging sie im Paris der Siebziger auf die Straße und wurde eine enge Vertraute.

Monteil steht immer wieder vom Sofa auf, kocht Tee und serviert Croissants. Sie erzählt von der 68er Bewegung, den Partys in Saint Germain und von den alten und jungen Feministinnen.

Sie wuchs zwischen Paris und Princeton auf, Feministinnen waren damals eine Minderheit. Sätze wie "ohne Männer seid ihr nichts!" durften sie sich jeden Tag anhören, erzählt Monteil, heute 67 Jahre alt. "Sie nannten uns schreckliche Frauen".

Während Feministinnen heute Facebook und Twitter nutzen, hatte die Bewegung im Paris der Siebziger vor allem ein Tool: Simone de Beauvoir. "Jedes Mal, wenn wir etwas organisiert haben, riefen Journalisten an und fragten: Kommt jemand Berühmtes? Wir antworteten: "Ach ja, nebenbei, Simone de Beauvoir wird da sein, wenn wir den Platz besetzen. " Wir wussten, das macht Eindruck", sagt Monteil.

Monteil lernte Simone de Beauvoir kennen, als sie 20 Jahre alt war, die Verfasserin von "Das andere Geschlecht" war damals schon 62. "Sie war sehr direkt. Sie war wie eine Maschinenpistole".

Am Totenbett von Sartre musste De Beauvoir für eine Jüngere Platz machen

So sehr sie ihr Vorbild idealisierte, so schwer fiel es ihr, nach und nach mitzubekommen, wie die Feministin unter ihrem Lebensgefährten, dem Philosophen Jean-Paul Sartre litt. "Er war hässlicher als auf den Bildern. Aber er hatte Charme", sagt Monteil. Beide hatten auch andere Liebhaberinnen und Liebhaber, aber am Totenbett von Sartre, musste De Beauvoir für eine Jüngere Platz machen. "Sie hat sehr gelitten".

Simone de Beauvoir sei eine aristokratische, aber sehr großzügige Person gewesen, sagt Monteil. Keine Frau, die man so einfach tätschelte. Nur einmal, nach Sartres Tod hätte Monteil sie in den Arm genommen. "Andere, offene Menschen nimmt man schnell in den Arm, aber nicht Simone", sagt Monteil, die später als Diplomatin im französischen Außenministerium arbeitete. Simone de Beauvoir habe damals zu ihr gesagt: "Warte, Claudine, warte, bis wir tot sind, was du dann über uns hörst".

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