Fantasyroman:Schatzsuche in Bad Trostlos

Eine Hymne auf das Anderssein, in der sieben Geschqwister, mit fantastischen eigenschaften nicht nur um ihr haus kämpfen, sondern auch um ein gutes Miteinander in dem Örtchen Bad Trostlos.

Von Siggi Seuss

Wer von uns hat schon mal Gerüchteblasen entdeckt, die sich in den Netzen von Zirkusspinnen verfangen? Wer von uns kümmert sich um gepolsterte Wohneinheiten für altersschwache Eulen? Wer kann von sich behaupten, sein emotionales Repertoire in 365 Pupsvarianten ausdrücken zu können? Wer nimmt jedes Buch einzeln aus dem Regal und umarmt es, um sich ihm vorzustellen? Der Schreiber dieser Zeilen kennt außer den Problemski-Geschwistern im neuen Fantasieroman der Amerikanerin Natalie Lloyd niemanden.

In Bad Trostlos kommt das Gute aus dem Moddermoor

"Die unzertrennlichen Sieben" führt die Leser in ein Kaff in den Wäldern von North oder South Carolina, das aber genauso gut um die Ecke liegen könnte. In der quicklebendigen Übersetzung von Sandra Knuffinke und Jessika Komina heißt der kleine Ort Bad Trostlos und der benachbarte Sumpf Moddermoor. Und wenn man nicht genau wüsste, dass Harry Rowohlt nicht mehr lebt, könnte man glauben, dass er den Übersetzerinnen einflüsterte, dass die Lebensumstände in Bad Trostlos nicht viel besser sind als die in Bad Dreckskaff, dem Ort aus einer seiner Philip-Ardagh-Übersetzungen. Wo es also Sümpfe gibt, sind Städtchen, die sich für moralisch einwandfrei halten, nicht fern. In Bad Trostlos allerdings kommt das Gute aus dem Moddermoor, in Gestalt der sieben Problemski-Geschwister, deren Heim im Sumpf zusammengebrochen ist, während ihre Eltern - als Archäologen berufsbedingt auf Abenteuerjagd - gerade fern der Heimat weilen. Da der verschollene Problemski-Großvater der Sippe, deren Leben von der magischen 7 bestimmt scheint, eine alte Villa in Bad Trostlos hinterließ, ziehen die schrägen Geschwister mit allerlei Rat und Unrat auf dem Handwägelchen schnurstracks in das Anwesen Hauptstraße 7. Damit beginnt ein sagenhaftes Tohuwabohu, weil ordentliche Bürger, mit der bösen Nachbarin Desdemona an der Spitze, einen Feldzug gegen die Siebenerbande führen. 21 Tage habe die Problemskis Zeit, ihre Erbberechtigung nachzuweisen, sonst werden die Geschwister (vom Kleinkind bis zum Teenager) einzeln auf alle fünf Kontinente verteilt. Wie sollen Mona, Dufte, Micky, Dora, Frekki, Sal und Sonni das schaffen? Sie haben schließlich alle Hände voll zu tun, freundlich auf die Trostloser, vor allem auf die Kinder, zuzugehen, das Haus bewohnbar zu machen und einen Schatz zu finden. (Näheres wird man in Band 2 im Herbst erfahren.)

Die Handlung klingt erst einmal nach randvoll mit Gags gefülltem nonsense. Ist sie aber mitnichten. Natalie Lloyd spinnt eine fein ziselierte Fantasiegeschichte über Familie, Freundschaft, Freiheit, Erwachsenwerden, über Mut und Angst, über Herzensgüte und das Grundrecht, aus der Reihe zu tanzen. Der Roman - von Júlia Sardà mit schwarz-weißen Karikaturen illustriert - ist eine dramaturgisch wohlkomponierte Hymne auf das Anderssein, mit Sprachbildern voller Witz und grenzenloser Fantasie. Wenn sich die wilden Kinder dann noch an Moms Mahnung erinnern, die Welt immer wieder mit neuen Augen zu sehen, durch Teleskope und Vergrößerungsgläser, dann wird sogar Bad Trostlos zur blühenden Landschaft.

Natalie Lloyd: Die unzertrennlichen Sieben. Aus dem Englischen von Sandra Knuffinke und Jessika Komina. Mit Illustrationen von Júlia Sardà. Hanser Verlag, München 2020. 272 Seiten, 15 Euro.

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