Familienstreit um die Bayreuther Festspiele:Es grünt so grün

Seit acht Jahren streitet sich die Familie Wagner über die künftige Führung der Bayreuther Festspiele. Jetzt kommt überraschend Bewegung in den Zwist.

Stephan Speicher

In Bayreuth scheinen die Dinge in Bewegung zu geraten. Gut acht Jahre schwelt nun schon der Streit um die Führung der Festspiele, um die Nachfolge Wolfgang Wagners. Dessen Versuche, erst die Ehefrau Gudrun, dann die Tochter Katharina zu installieren, sind am Widerstand des Stiftungsrats gescheitert.

Familienstreit um die Bayreuther Festspiele: Eine schrecklich nette Familie: Die Wagners - hier Richard Wagners Enkel Wolfgang mit seiner Tochter Katharina - streiten seit Jahren über die Führung der Bayreuther Festspiele

Eine schrecklich nette Familie: Die Wagners - hier Richard Wagners Enkel Wolfgang mit seiner Tochter Katharina - streiten seit Jahren über die Führung der Bayreuther Festspiele

(Foto: Foto: AP)

Umgekehrt sind alle ihm widerstrebenden Bemühungen ebenso zerschellt. Wolfgang Wagner ist zur Führung der Festspiele auf Lebenszeit berechtigt. Solange er nicht geht, kann Neues nicht kommen.

Jetzt hat er den Rückzug angedeutet. In einem Brief an die entscheidenden Männer des Stiftungsrats heißt es, er könne sich vorstellen, dass die Töchter Eva (aus erster Ehe) und Katharina (aus zweiter Ehe) gemeinsam die Führung übernähmen. Noch im vergangenen Herbst war der Ton sehr ungnädig zwischen den beiden Frauen.

Jetzt bekannte Katharina in der Presse, im Winter erst habe sie gemerkt, wie sehr Eva "mich vorher durch ihr Verhalten geschützt hat ... Zwischen uns gab es nichts Trennendes". In einem zweiten Interview bietet sie schon die solidere Variante an: "Uns war sofort klar, dass wir am Anfang einer Beziehung stehen, die wir entwickeln wollen." Das ist der Ton des Marketings: Beziehungen, die man "entwickeln" will.

So kann es wirklich kommen. Lange hat Wolfgang Wagner die Kinder aus erster Ehe auf Distanz gehalten. Nach dem Tod der zweiten Ehefrau im November 2007 mag sich da familiär etwas gelöst haben. Nicht weniger wahrscheinlich ist, dass er erkannt hat, dass die Zeit gegen ihn läuft.

Er ist gesundheitlich angeschlagen, das von ihm verantwortete Programm seit Jahren ohne große künstlerische Erfolge. Und selbst die Finanzierung ist nicht mehr so stabil, wie man das von dem einst so tüchtigen Organisator kannte. Im Etat fehlen mehrere hunderttausend Euro, und die Finanziers, selbst die traditionell opferbereiten Freunde von Bayreuth, wollen weiteres Geld nicht mehr widerspruchslos bereitstellen.

Es grünt so grün

Vor Jahren noch ließ Wolfgang Wagner die beiden stärksten Kräfte im Stiftungsrat, Bayern und den Bund, kalt abfahren. Das könnte umgekehrt jetzt ihm widerfahren. Will er noch einmal Einfluss nehmen, so muss er es jetzt tun.

Bayreuth soll weiter von der Familie geführt werden; den Wunsch hegen nicht nur die Angehörigen. Lange hat das stolze Gefühl, aus eigener, vorpolitischer Substanz hierher zu gehören, den Chefs und ihrer Arbeit eine erstaunliche künstlerische Kraft gegeben. Das fortsetzen zu wollen, ist nicht von vornherein unvernünftig. Aber was wäre von der Zusammenarbeit der Töchter zu erhoffen?

Nur Gutwilligkeiten

Zunächst einmal ein Ende des lästigen Streits. Auf Eva verständigte sich der Stiftungsrat schon einmal, 2001. Über die Bundeskanzlerin heißt es, sie habe Sympathie für Katharina; das könnte das Stimmverhalten des Bundes beeinflussen. Aber liegt in dem gerade ausgerufenen Frieden nicht doch jene Neigung zu Kompromiss und Gremienwirtschaft, die das Familienprinzip vermeiden will? Was den Festspielen aus der Stagnation helfen könnte, dazu hat man von den Kandidatinnen nicht viel vernommen. Bis heute gibt es nur Gutwilligkeiten.

Zur nächsten Sitzung des Stiftungsrats am 28. April sollen sie ein Konzept vorlegen, ein neues wohlgemerkt. Denn beide waren in jüngster Zeit schon konzeptionell munter. Katharina stellte sich zusammen mit Christian Thielemann und Peter Ruzicka vor, Eva mit ihrer Cousine Nike Wagner, die als der schärfste Kopf der Familie gilt.

Thielemann wäre auch in der neuen Lösung mit von der Partie, Nike aber sieht derzeit düpiert aus. Ihr Konzept hat Cousine Eva, wie es heißt, schon nicht mehr unterzeichnet. So geht es zu bei Wagners. "Was Du bist, /bist Du nur durch Verträge", bekommt Wotan im Rheingold zu hören. Faselt hält ihm entgegen: "Ein dummer Riese / rät dir das." Eindruck macht der Rat nicht, eine gute Stunde später ist Faselt tot. Mord unter Verwandten.

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