Süddeutsche Zeitung

"Fack ju Göhte" und das Kinojahr 2013:Letzte Rettung Göhte

Nicht ausgeschlossen, dass der Streifen bald zu den zehn erfolgreichsten deutschen Filmen aller Zeiten gehören wird: "Fack ju Göhte" begeistert Millionen, überholt Blockbuster wie "Django Unchained" und rettet die gesamte deutsche Filmbranche.

Von Caspar Busse

Bald 25 Mal hat sich Martin Moszkowicz, 55, den Film schon angeschaut. In der vergangenen Woche gab es sogar eine Extra-Vorführung für Freunde in Los Angeles. Manchmal herrschte Partyatmosphäre im Kino, wenn die Zuschauer, die den Streifen zum zweiten oder dritten Mal sehen, schon kurz vor den Gags lachen, erzählt Moszkowicz, Vorstand bei Constantin Film. "Fack ju Göhte" ist der Überraschungserfolg der deutschen Filmbranche: An die fünf Millionen Zuschauer kamen schon in die Kinos, um sich die Geschichte des Kleinkriminellen Zeki Müller, gespielt von Teenie-Schwarm Elyas M'Barek, anzuschauen, der aus dem Knast entlassen wird, auf der Suche nach seiner Beute unfreiwillig als Lehrer verpflichtet wird und mit politisch unkorrekten Methoden auf einmal die Schüler einer Problemklasse in den Griff bekommt.

"Fack ju Göhte" - der provozierende Titel ist absichtlich falsch geschrieben - wird nicht nur das Geschäft von Constantin Film retten, sondern auch aus dem bisher mauen deutschen Kinojahr 2013 wohl ein gutes machen. Schon jetzt ist die Produktion der erfolgreichste Film in den deutschen Kinos im Jahr 2013, und hat damit "Django Unchained" von Quentin Tarantino überrundet. Nicht ausgeschlossen, dass der Streifen bald zu den zehn besten deutschen Filmen aller Zeiten gehören wird.

"Fack ju Göhte" wird auch dazu beitragen, dass an den deutschen Kinokassen 2013 möglicherweise wieder ein Umsatz von einer Milliarde Euro gemacht wird, damit würde die Branche an das Rekordjahr 2012 anknüpfen können. Bislang stagnierte die Zahl der Kinobesucher, einige groß angekündigte Produktionen floppten im Sommer. Die Stimmung war schlecht, aber jetzt kam "Fack ju Göhte", ausgerechnet eine deutsche Komödie, die es nicht mal in 3D gibt und die auch kein teurer Blockbuster aus den USA ist.

Bislang durchwachsen

"Es handelt sich um ein echtes Phänomen. Natürlich sind wir ein wenig überrascht. So ein Erfolg ist nicht planbar", freut sich Moszkowicz. Geschickt wurde der Film etwa in sozialen Netzwerken vermarktet. Im November ist der Film angelaufen, zuletzt sind die Besucherzahlen sogar wieder gestiegen. Das ist ungewöhnlich, denn mit zunehmender Spieldauer nimmt die Attraktivität in den Kinos in der Regel ab. Doch hier ist es anders. Der Zuspruch steigt nun auch außerhalb der eigentlichen Zielgruppe, Schüler und Jugendliche. Auch Ältere schauen sich jetzt den Film an. Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin hatte für Constantin Film bereits mit "Türkisch für Anfänger" im vorigen Jahr mit 2,4 Millionen Zuschauern einen Erfolg produziert. Und jetzt das.

"Fack ju Göhte" hat bisher schon 40 Millionen Euro eingespielt, aber es könnte noch einiges kommen. "Der Erfolg an der Kinokasse ist der Beginn einer langen Auswertungskette", sagt Moszkowicz. Denn danach wird der Film auf allen möglichen Kanälen verwertet, geht ins Bezahlfernsehen zu Sky, erscheint auf DVD. Für das frei empfangbare Fernsehen hat der Privatsender Pro 7 die Rechte in einem sogenannten umfassenderen Output-Deal erworben. Einzelheiten zu den Produktionskosten gibt es nicht, aber der Film liegt Moszkowicz zufolge im "Normbereich deutscher Spielfilme", und das sind zwischen vier und sechs Millionen Euro. "Der Film wurde von unserer Tochterfirma Rat Pack produziert. Ein Großteil der Erlöse bleibt bei uns", berichtet Moszkowicz.

Es ist also das große Geschäft, und so wird sich das auch in der Constantin-Bilanz für 2013 und 2014 auswirken. "Der Erfolg wird positive Auswirkungen auf unsere Zahlen haben. Das Jahr war bisher für Constantin Film durchwachsen", so Moszkowicz. Constantin Film, der deutsche Marktführer, wurde von Bernd Eichinger gegründet, ist Teil der börsennotierten Constantin Medien AG, die auch im Sportgeschäft und Rechtehandel, unter anderem bei der Champions League, aktiv ist. Constantin Medien gehört zu 18,7 Prozent der Holding KF 15 der Erben von Leo Kirch, 6,7 Prozent hält der Ex-Metro-Manager Erwin Conradi, drei Prozent Dieter Hahn, ein früherer Vertrauter von Leo Kirch. Neu als Aktionär kam zuletzt das Versorgungswerk der Zahn- und Tierärzte in Baden-Württemberg mit drei Prozent hinzu.

Im vorigen Quartalsbericht der Gruppe hatte es geheißen, die Geschäftsentwicklung im Segment Film sei unter den Erwartungen geblieben. Die Prognose für den Konzern musste nach unten revidiert werden. Zuletzt musste Vorstandschef Bernhard Burgener die Fernsehproduktionsgesellschaft Plazamedia an Sky Deutschland verkaufen. Film ist nach wie vor der wichtigste Teil des Unternehmens. Und Constantin ist immer für Überraschungen gut: "Der Untergang", "Der Baader-Meinhof-Komplex", "Das Parfum" und auch seichte Unterhaltung wie "Der Schuh des Manitu" oder "Wickie". Jetzt kommt ein neuer Erfolg dazu.

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SZ vom 21.12.2013/ihe
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