Süddeutsche Zeitung

Facebook bekommt neuen Firmensitz:Garage, im Zickzack geschnitten

Das neue Facebook-Hauptquartier nahe San Francisco ist fertig. Auf unnötige Inneneinrichtung hat Architekt Frank Gehry bei seinem überraschend konventionellen Entwurf verzichtet. Jetzt stehen erste Innenaufnahmen im Netz.

Von Peter Richter

Die Angestellten von Facebook beziehen jetzt also ihr neues Hauptquartier. Das liegt direkt neben dem alten, immer noch in Menlo Park, eine Stunde südlich von San Francisco - gut: im Berufsverkehr eher zwei, dafür aber fast direkt am Wasser. Und entworfen wurde es von Frank Gehry aus Los Angeles. Zum Wochenbeginn durften ein Dutzend "berühmte Instagrammer" durch das Gebäude stromern und erste Bilder davon in die Welt schicken.

Was man da nun zu sehen bekommt, sagt erst einmal mehr über die Instagrammer als über die Architektur. Zur künstlerischen Gestaltung wurden also von jungen Künstlern abstrakte Wandmalereien aufgebracht, und zwar ohne etwas zum Schutz des Fußbodens unterzulegen: Die bunten Kleckse auf dem Boden eignen sich daher gut als Hintergrund für Fuß-Selfies. Wir sehen braune Stiefeletten, Peep-Toes, einmal auch Sommersandalen (und zwar, für die, die es genau wissen wollen: sogenannte Dianetten oder auch Zehenspreizer; worauf es ankommt ist: Der Nagellack sieht aus, als gehörte er zur Kunst am Bau.) Die Wandbemalungen harmonieren generell ganz gut mit den derzeit etwas hippiesken Poncho-Farben in der Mode, und die Türen der Konferenzräume sind so breit wie ein schöner blauer Glockenrock.

Aber so hübsch wird das im Alltag vermutlich natürlich nie wieder ausschauen, wenn hier erst einmal die dicklichen Kapuzenbären um die Ecken brummeln, die nun einmal auf dem Großteil der Arbeitsplätze in der Internet-Industrie hocken. Es wirkt fast wie ein lauer Gag, wenn mit dieser Instagram-Brigade mal doppelt so viele Frauen wie Männer durch das Haus turnen durften; denn nach allem, was man über das Silicon Valley weiß, dürfte dieses Verhältnis schon heute wieder mindestens umgedreht sein. Man kann verstehen, dass sie gerade bei Facebook nach etwas "Jüngerem" als den üblichen Architekturfotografen gesucht haben, die mürrisch an ihren Stativkameras um gerade Linien auf ihren Bildern ringen.

Das Gebäude trägt den Appeal des Umgenutzten

Immerhin ist der Architekt selber schon 86 Jahre alt und berühmt dafür, gerade Linien eher zu vermeiden. Der Versuch mit den Instagram-Fotos lässt leider trotzdem an die PR-Bemühungen denken, einst den Auftritt Gotthilf Fischers bei der Loveparade cool wirken zu lassen. Dabei ist das Engagement ergrauter Stararchitekten nichts Ehrenrühriges im Silicon Valley, Apple lässt sich sein Hauptquartier von Norman Foster, 79, bauen. Was Gehry nun für Facebook geschaffen hat, ist im Prinzip nichts anderes als eine sehr große Kiste, ein bisschen im Zickzack geschnitten, aber doch eine Kiste, angeblich mit einem einzigen Großraumbüro darin, typologisch also eine Fabrikhalle, die den beliebten Appeal des Umgenutzten in sich trägt, nur eben als Neubau.

Ausgerechnet diese Halle, den eigentlichen Ort der Arbeit, haben die Instagrammer leider nicht fotografiert. Vielleicht weil sie nicht durften. Auch nicht die Fassade. Vielleicht weil es im eigentlichen Sinne keine gibt. Dafür aber und umso mehr die Details: einen orangefarbigen Flur, den Dachgarten, ein Penthouse, das mit metallischen Schuppen zur einen, geätztem Glas zur anderen Seite hin, auf dem Dach liegt wie der schwarze Stein in Mekka.

Das skulpturalste, gehrymäßigste Motiv ist da noch eine große Treppe, die auch von M.C. Escher sein könnte: Man weiß nicht, ob der Nerd da drauf gerade eher hoch oder runter geht. Ansonsten hat Gehry, oder wer auch immer es unter seinem Namen getan hat, hier eher "Silicon Valley" gebaut als "Gehry": eine große Variante jener Garage, in der hier, dem Mythos zufolge, die digitalen Revolutionen geboren werden.

Der berühmte Bilbao-Effekt dagegen, die ausbeulten Linien und gewellten Wände? Ergeben sich eher durch die verzogenen Perspektiven auf den Amateur-Fotos; dafür ist Instagram wirklich eine genial kostengünstige Lösung.

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SZ vom 01.04.2015/cag
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