Erwachsenensprache:Theatertrauma

Achtung! Dieser Text könnte Leser verstören. Weiterleser handeln auf eigene Faust und bitte nur nach Konsultation ihres Arztes, ihres Anwalts und einer Rückversicherung in der Online-Community ihres Vertrauens. Denn sie sind ab hier: allein.

Von Bernd Graff

Achtung! Dieser Text könnte Leser verstören. Er enthält Informationen über das da draußen, was man Wirklichkeit nennt, amerikanische zudem. Dafür enthält er gottlob nur Spuren von Intelligenz, kaum Meinung und null Analyse. Aber Wörter. Aus der Erwachsenensprache. Seien Sie also gewarnt! Weiterleser handeln auf eigene Faust und bitte nur nach Konsultation ihres Arztes, ihres Anwalts und einer Rückversicherung in der Online-Community ihres Vertrauens. Denn sie sind ab hier allein.

Die "Denver Center Theater Company" in der Hauptstadt des Bundesstaates Colorado konfrontiert ihr Publikum vor Betreten des Zuschauerraums mit einer großflächigen Warntafel, auf der auf das eventuelle Vorkommen von "expliziter Sprache, sexuellen Situationen, Erwachsenenhumor und -inhalten" in ihren Produktionen hingewiesen wird. Man folgt in Denver damit einem Trend. Denn wie die New York Times berichtet, finden sich ähnliche Schutzschilder bereits in Theatern von Baltimore, Sarasota, Seattle. Die "Interact Theater Company" in Philadelphia hat zusätzlich noch einen "Safe Space" für "Sensitive Guys" eingerichtet, die traumatische Theatererfahrungen dort diskutiert und anderweitig behandelt sehen können.

Man kann diese "Trigger-Warnungen" lächerlich finden, sollte man aber nicht. Eigentlich sollen sie Menschen, die Schlimmes erlebt haben, vor "post-traumatic Flashbacks" schützen. An sich eine gute Sache. Allerdings, so Becky Witmer, eine Managerin des hinweisbewehrten "ACT Theater" in Seattle, komme man jetzt nur noch dem allgemeinen Konsumentenwunsch nach: "Die Menschen, die mit den allfälligen Warnhinweisen überall groß geworden sind, erwarten sie eben jetzt auch überall." Ihrer Kollegin Susie Medak vom Berkeley-Repertory-Theater behagt dies überhaupt nicht: "Es gibt jetzt eine Generation junger Erwachsener, die erwartet, vor jeglichem Unbehagen geschützt zu werden. Was aber soll Kunst noch, wenn man von ihr nicht mehr überrascht werden darf?" Hoffentlich stürzt diese Frage jetzt niemanden in unabsehbares Nachdenken. Aber wir hatten Sie ja gewarnt.

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