Im gleichen Jahr 1915 wurde in Brüssel die britische Krankenschwester Edith Cavell hingerichtet, weil sie englischen Soldaten zur Flucht verholfen hatte.
Der Dichter Gottfried Benn war als Militärarzt Zeuge der Hinrichtung und verfasste Jahre nach dem Krieg einen besonders kaltblütigen Bericht: "Sie hatte als Mann gehandelt und wurde von uns als Mann bestraft. Sie war in den Krieg eingetreten, und der Krieg vernichtete sie."
In ihrer Heimat wurde Miss Cavell zur Märtyrerin. Es entstanden Filme über die Frau, ein Berg wurde nach ihr benannt, beim Trafalgar Square in London bekam sie ein Denkmal, ein weiteres in Paris, das, kein Zufall, von den deutschen Truppen zerstört wurde, die 1940 im nächsten Krieg in Paris einmarschierten.
Zwei Jahre vorher, als er bei den von ihm so begeistert begrüßten Nationalsozialisten schon wieder aus der Gunst gefallen war, verteidigte sich Benn nicht bloß mit seinem Bericht über die Erschießung der Rot-Kreuz-Schwester, sondern rühmte sich seiner "Unerschrockenheit", weil er es gewagt habe, ihn in der demokratisch-pazifistischen Weimarer Zeit zu veröffentlichen.
Der Text beweise doch eindeutig, dass er, "national, militärisch und offiziersmässig" denke. "Er zeigt eindeutig meine positive, von Wehrwillen und militärischer Gesinnung getragene Weltauffassung." Davon weiß die Propaganda-Ausstellung natürlich nichts.
Gottfried Benn 1930 in seiner Arztpraxis in Berlin.