Erste arabische Casting-Show: Die BIlder:Allah sucht den Superstar

Das islamische MTV: Auf "4shbab", dem ersten Musiksender der arabischen Welt, laufen Pop-Videos und Castingshows - mit frommer Botschaft.

Karin El Minawi

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Das islamische MTV: Auf "4shbab", dem ersten Musiksender der arabischen Welt, laufen Pop-Videos und Castingshows - mit frommer Botschaft. Ein Artikel in Bildern.

Kairo - Den Nabel von Beyoncé wird man hier ebenso wenig zu sehen bekommen wie die Oberarme von Madonna oder das Hinterteil von Rapper Eminem. "Für junge Leute" ließe sich der Name des neuen arabischen Musiksenders "4Shbab" übersetzen, was aber nicht heißt, dass dort arabische Popsängerinnen wie die ebenso beliebten wie freizügigen Libanesinnen Haifa Wahby oder Nancy Agram zu sehen sind. Bei "4Shbab" werden nur Videos gezeigt, die eine fromme Botschaft verbreiten. "4Shbab" ist das islamische MTV.

Foto: Kandidaten der ersten arabischen Casting-Show./ ap

(Autor: Karin El Minawi/SZ vom 06.06.2009/bey)

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Fromme Musik im Sinne von "4Shbab" machen zum Beispiel Native Deen. Das Trio gehört neben Rapper Rihan zu den Stars des Senders, der in Kairo stationiert ist und vorrangig auf Arabisch sendet. Äußerlich unterscheidet sich die US-Band Native Deen kaum von den übrigen amerikanischen Kollegen: Die Sänger rappen, tragen Baseballshirts und Panzerketten. Die Videos sprechen gleichwohl eine andere Sprache.

In "Not afraid to stand alone" besingen sie eine Frau, die zum Islam konvertiert ist und sich in der westlichen Welt behaupten muss. Sie besingen ihre Liebe zum Propheten Mohamed und fehlgeleitete Freunde, die sich lieber protzige Wagen kaufen als in die Moschee zu gehen. "Es ist nie falsch, den Koran zu beten", schmachten sie, und manchmal schlagen sie sich dabei theatralisch an die Brust.

Foto: Auftritt eines angehenden Superstars./ ap

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Trotzdem will Ahmed Abu Haiba, der Erfinder von "4Shbab", nichts davon hören, dass sein Sender "islamisch" sei. "Wir versuchen, den Jugendlichen auf unterhaltsame Weise die Religion näherzubringen. Ohne zu predigen", sagt der 41-jährige Ägypter. "Deswegen sind wir noch lange kein islamischer Sender. Aber unsere Zuschauer nennen uns so, weil wir versuchen, religiös vorbildlich, religiös orientiert zu sein.

"Ahmed Abu Haiba hat auch etwas gegen im Westen inflationär gebrauchte Begriffe wie "Islamist". Der Fernsehmann sitzt in seinem kargen Büro in Kairo, trägt weder das traditionelle Männergewand noch einen langen Bart: Er ist glatzköpfig, hat einen modischen Ziegenbart, bevorzugt Hemd und Hose. Auf seiner Stirn aber hat er die Zebiba: Eine dunkle Beule, die für das viele Beten typisch ist. Sie entsteht durch das ständige Reiben der Stirn auf dem Gebetsteppich, vor allem in Ägypten gilt sie als Zeichen großer Religiosität.

An der Wand hängt ein Flachbildschirm, auf dem der Senderchef gerade selbst zu sehen ist: In einem Muttertags-Programm erklärt er, warum Mütter nicht nur am Muttertag gut behandelt werden sollten. Der Islam achte und respektiere die Frau und die Mutter.

Foto: Traditionell gekleidet: ein Kandidat./ ap

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Programme wie diese laufen ständig auf "4Shbab". Der Sender startete Anfang Februar, in Ägypten und weltweit. Mit seinem erklärten Ziel, der muslimischen MTV-Generation ein Programm zu bieten, das islamische Werte vermittelt, reiht sich sein Programm ein in die zahlreichen Pop-Produkte, die in den vergangen Jahren im Namen Allahs entstanden sind. Zuletzt machte die Comicserie "The 99"Furore, in denen muslimische Superhelden gegen diejenigen kämpfen, die die Weisheit vernichten wollen. In Kuwait eröffnete gerade ein Themenpark rund um die Serie, ein Fernsehformat ist geplant.

Foto: Strikt getrennt - auf der einen Seite jubeln die Frauen den Kandidaten zu./ ap

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Zwar sitzt "4Shbab" in Kairo, doch wird in Bahrain gedreht; das Geld kommt aus Saudi-Arabien. Und "4Shbab" zeigt nicht nur Musikvideos, sondern veranstaltet auch Talkshows und Call-in-Sendungen, in denen Anrufer mitunter den Propheten preisen oder dem Fernsehpublikum etwas vorsingen können und dafür zum Wochenstar gekürt werden. Der islamische Rahmen ist eng gesteckt - Frauen sind im Programm von "4Shbab" so gut wie nicht zu sehen.

In den Videos treten sie allenfalls als treu sorgende Mütter auf. Weibliche Popstars gibt es nicht. Und wenn Frauen doch moderieren, sind sie verschleiert. Dass Frauen öffentlich singen, verbietet angeblich die Scharia, das islamische Recht, zumindest sehen das die saudi-arabischen Investoren so.

Foto: Auf der anderen die Männer./ ap

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"Würde ich erlauben, dass Frauen singen, würden die Religionsgelehrten sich bei den Geldgebern beschweren. Die würden dann mein Programm verändern oder den Sender gleich schließen", sagt Ahmed Abu Haiba, der Vater von fünf Kindern ist. Der Senderchef vermeidet es, seine Investoren zu verärgern. Negative Reaktionen von Frauen, ihm zufolge immerhin 60 Prozent der "4Shbab"-Zuschauer, bekommt er ohnehin wenige. Jedenfalls sagt er das.

"Ich finde es nicht schlimm, dass keine Sängerinnen auf dem Bildschirm zu sehen sind", erklärt zum Beispiel Rania Mahmoud. "Mich interessieren mehr die Inhalte der Lieder, als wer sie singt." Die 32-Jährige aus Kairo ist verschleiert, Mutter von zwei Kindern und hat - so sagt sie - endlich einen Sender gefunden, den ihre Mädchen unbeaufsichtigt sehen können. "Es kommt ja nichts Unmoralisches", findet sie. Sie stört sich allein am Logo: Es zeigt einen muskulösen Mann, der auf den Zuschauer zugeht. "4Shbab" ist doch nicht nur für Männer", sagt sie.

Foto: Die Entscheidung steht bevor./ ap

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Kommentare über das Logo kann Fernsehmann Ahmed Abu Haiba nicht mehr hören: "Nur, weil der Sender als islamisch abgestempelt wird, heißt es sofort, dass unser Logo Frauen diskriminiert", klagt der Ägypter. "Schwarzkopfs Shampoo-Logo zeigt auch einen Männerkopf", doch darüber beschwere sich keiner.

Der Politologe und Islam-Experte Diaa Rashwan vom Kairoer Al-Ahram-Zentrum für politische Studien findet den Sender eher "harmlos", wie er sagt. "Die Leute wollen so unterhalten werden, wie sie leben - islamisch. Ich sehe da nichts Negatives", sagt Rashwan. "Muslimische Jugendliche sind religiöser als früher. Und deswegen muss ihnen kulturell etwas geboten werden, was zu dieser Religiosität passt."

Da verwundert es nicht, dass "4Shbab" auch eine islamische Version der erfolgreichen Castingshows veranstaltet. Wen eine fünfköpfige Jury für moralisch und religiös einwandfrei befindet, darf sich vor großen Publikum bei "Who wants to be an Islamic Popstar" beweisen; die drei Finalisten haben die Chance auf einen Plattenvertrag und ein Video.

Foto: Die Kandidaten zittern vor der Entscheidung./ ap

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Geld bringt "4Shbab" bislang nicht. Aber Ahmed Abu Haiba sagt, er sei mit seinem islamischen MTV erst mal nicht auf Profit aus. Die meisten Videos produziert der Sender selbst, da sie dem Programm angepasst werden müssen. Das ist teuer.

Abu Haiba ist schon zufrieden, wenn er "nicht noch mehr Schulden" macht. Dennoch plant er schon einen neuen Sender. Einen, der nur vom Islam inspirierte TV-Serien zeigt und gute Unterhaltung mit einer echten islamischen Botschaft verbindet. "Desperate Housewives", "Dr. House" oder "Sex in the City" werden da mit Sicherheit nicht zu sehen sein.

Foto: Der glückliche Gewinner./ ap

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