Als Hape Kerkeling behauptete, das ganze Leben sei ein Quiz und wir seien nur die Kandidaten, da wurde das als Parodie verstanden. Lustig, dachte man, er fasst die Prüfungen des Lebens metaphorisch in die Form des belanglosesten Wettstreits, der sich denken lässt. Doch wenn man sich gegenwärtig die britische Fernsehlandschaft anschaut, ist man versucht, Kerkelings Lied als prophetisch zu werten. Allerdings ist das dominante Fernsehformat jetzt nicht mehr das Quiz, sondern die Talentshow.

Simon Cowell, Alleinherrscher von Sendungen wie "X Factor", macht vor, wie es geht. Und die Saison für Saison immer wieder errichteten Spannungsbögen zwischen Momenten ritueller Erniedrigung und Augenblicken tränenreichen Triumphes lassen sich, wie es aussieht, tatsächlich in sämtliche Lebensbereiche einziehen. BBC 4 etwa strahlte gerade Wettbewerbe zum "Jungen Kfz-Mechaniker des Jahres" und zum "Jungmetzger des Jahres" aus. Es läuft immer gleich: Die Jungmechaniker oder -metzger müssen vor einer Jury ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Wer entdeckt den Defekt an der Autozündung? Wer kann am saubersten eine Lammschulter entbeinen? Die Experten gucken, sagen "Du zeigst Potential!" oder "Du musst dich steigern, sonst bist du raus!". Und ab geht's in die nächste Runde.
Die bisher bizarrste Manifestation dieses Drangs, alles in die Form einer Talentshow zu quetschen, ist aber zweifellos die Serie "School of Saatchi". Bei BBC 2 ringen junge Künstler um die Ehre, vom Sammler Charles Saatchi für drei Jahre ein Atelier bezahlt zu bekommen und ihre Werke in der St. Petersburger Eremitage ausstellen zu dürfen. In der vierköpfigen Expertenjury taucht Saatchi selbst nicht auf, weil er sich grundsätzlich nie filmen lässt. Stattdessen übernimmt die unvermeidliche Tracey Emin den Part Simon Cowells, indem sie einen Kandidaten für sein zierlich arrangiertes Klappstuhlensemble zur Schnecke macht.
Es gibt auch "Tests" - wie Aktzeichnen mit Zeitbeschränkung, die die Kandidaten kamerafreundlich ins Schwitzen bringt. Nun sind Wettbewerbe zwischen Künstlern um eine Auftragsvergabe nichts Neues oder Außergewöhnliches. Aber schon in der ersten Folge zeichnet sich ab, dass es hier keineswegs in erster Linie um die vorgestellten Werke geht. Die hübschen Mädchen bleiben wie durch ein Wunder alle drin, egal, wie bescheuert ihre Kunstproduktion ist. Das ganze Leben ist nämlich auch dies: ein Schönheitswettbewerb.