Metoo-Debatte:Emma Thompson sagt aus Protest gegen Animationschef Rolle ab

Metoo-Debatte: Will nicht nur reden, sondern ihren Worten Taten folgen lassen: Schauspielerin Emma Thompson.

Will nicht nur reden, sondern ihren Worten Taten folgen lassen: Schauspielerin Emma Thompson.

(Foto: AFP)
  • Die zweifache Oscar-Gewinnerin hatte eigentlich für einen Sprechpart im Trickfilm "Luck" zugesagt.
  • Doch nachdem die Produktionsfirma Skydance im Januar John Lasseter als neuen Chef der Animationssparte verkündete, entschied sich die britische Schauspielerin, aus dem Projekt auszusteigen.
  • Grund: Lasseter war bei seinem vorherigen Arbeitgeber Disney rausgeflogen, nachdem mehrere Frauen ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten.
  • In einem Brief wirft Thompson dem Skydance-Management mangelndes Verantwortungsbewusstsein vor.

Es war ein moralisches Wagnis, als die amerikanische Produktionsfirma Skydance Media im Januar John Lasseter als Leiter der neugegründeten Animationsabteilung verkündete. Schließlich war der 61-Jährige als Chef von Pixar und Disney Animation gegangen worden, nachdem mehrere Frauen ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten. Skydance-Chef David Ellison verpflichtete den Trickfilmmacher trotzdem - sah sich aber offenbar genötigt, seinen Mitarbeitern die Personalie in Zeiten von Metoo zu erklären: Er sei sich sicher, dass "John eine wertvolle Lektion gelernt" habe, hieß es in einem internen Schreiben an die Belegschaft.

Was die Skydance-Angestellten über den neuen Leiter der Animationssparte wirklich dachten, ist nicht bekannt. Dafür weiß die Welt jetzt, was Oscarpreisträgerin Emma Thompson von Lasseters Job bei Skydance hält: rein gar nichts.

Die britische Schauspielerin sollte eigentlich eine Sprechrolle im Animationsfilm "Luck" des Studios übernehmen - sagte die nach der Verpflichtung Lasseters allerdings ab. Ihre Gründe legte sie in einem Brief an das Management der Produktionsfirma dar, den die Schauspielerin jetzt der LA Times zugänglich machte. Darin wundert sich die 59-Jährige, wie das Unternehmen einen Mann mit Lasseters "Muster an Verfehlungen" habe einstellen können - und das in einem Klima, "in dem es vernünftig erscheint, von Menschen mit Ihrem Einfluss zu erwarten, dass sie Verantwortung übernehmen".

"Warum würde eine Frau für ihn arbeiten wollen?"

Die zweifache Oscar-Gewinnerin ("Wiedersehen in Howards End", 1992, "Sinn und Sinnlichkeit", 1995) konfrontiert die Studiobosse damit, dass es offenbar für nötig erachtet worden sei, Lasseter vertraglich zu bestimmten Benimmregeln zu verpflichten. "Warum würde eine Frau für ihn arbeiten wollen, wenn der einzige Grund, dass er sie nicht unangemessen berührt, ist, dass sein Arbeitsvertrag sagt, dass er sich 'professionell' verhalten muss?" Lasseter bekomme für seine "zweite Chance" mutmaßlich Millionen: "Wie viel Geld bekommen die Skydance-Angestellten dafür, dass sie ihm diese zweite Chance GEBEN?"

Das Branchenblatt Variety hatte im Januar berichtet, Lasseter sei vor der Vertragsunterzeichnung mit Skydance von einem Anwaltsteam regelrecht verhört worden und habe schriftlich zusichern müssen, für etwaige finanzielle Forderungen wegen künftigen Fehlverhaltens selbst aufzukommen. Skydance ziehe sich darauf zurück, dass Lasseters Ex-Arbeitgeber Disney keine Frau finanziell entschädigt habe, so Thompson weiter: "Aber glauben wir wirklich, dass es keine Belästigung gab oder kein toxisches Arbeitsumfeld, nur weil keine Entschädigungen gezahlt wurden?"

Sie sage ihren Part im Film "Luck" nur schweren Herzens ab, weil sie Regisseur Alessandro Carloni sehr schätze. Aber, so Thompson abschließend: "Ich bin mir auch bewusst, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich die Dinge im nötigen Tempo ändern, um die Generation meiner Tochter zu schützen, wenn Leute wie ich (...) kein Zeichen setzen."

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