Elgin Marbles:Brexit als Hebel

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Große Teile des Skulpturenschmucks vom Parthenon-Tempel auf der Athener Akropolis - hier zwei Giebelfiguren - wurden Anfang des 19. Jahrhunderts nach London verbracht, wo sie im British Museum ausgestellt sind. (Foto: Dylan Martinez/Reuters)

In den Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen EU und Großbritannien könnte die Rückgabe des Parthenonfrieses wieder zum Thema werden.

Von Jörg Häntzschel

Bei den Verhandlungen um ein Abkommen zwischen der EU und Großbritannien wird es möglicherweise nicht nur um Fischfangquoten und Zölle gehen, sondern auch um den Parthenonfries. Auf Betreiben von Griechenland und mit Unterstützung von Italien und Zypern wurde eine Klausel in den Verhandlungsentwurf der EU aufgenommen, nach der "widerrechtlich entfernte kulturelle Objekte" an ihre "Ursprungsländer" zurückzugeben sind.

Die Passage ist auf den Handel mit illegal ausgeführten Antiken gemünzt. Doch in London fürchtet man, dass Griechenland kalkuliert, damit auch die Kunstwerke der Akropolis zurückzuerhalten, die seit zweihundert Jahren im British Museum in London gezeigt werden. Die Griechen fordern deren Rückgabe seit Langem erfolglos. Erst vor einigen Wochen sprach die griechische Kulturministerin Lina Mendoni im Zusammenhang mit dem Fries erneut von einem "offenkundigen Fall des Diebstahls".

Lord Elgin, damals britischer Botschafter im Osmanischen Reich, hatte die Giebelskulpturen und große Teile des Frieses - mit erschlichener offizieller Erlaubnis - von 1801 an aus dem Athena-Tempel auf der Akropolis brechen und nach London schaffen lassen. 1816 verkaufte er sie ans British Museum. Elgin und das Museum wurden schon im 19. Jahrhundert heftig kritisiert. Hermann von Pückler-Muskau sprach von einer "Schändung" der Akropolis, Lord Byron und Bayerns Kronprinz Ludwig beklagten den Raub. Viele halten die britische Aneignung der "Elgin Marbles" für einen der spektakulärsten Fälle von Kunstraub.

Die britische Regierung reagierte laut Times erbost über den neuen Passus. Eine Rückgabe "wird es einfach nicht geben", wird ein Sprecher zitiert. Auch der Direktor des Museums, der deutsche Kunsthistoriker Hartwig Fischer, bekräftigte in der BBC die offizielle britische Position, nach der die Werke "mit ausdrücklicher Erlaubnis des Osmanischen Reichs" ausgeführt worden seien, Griechenland also keine Ansprüche geltend machen könne.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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