Einkünfte von Beckmann und Kerner:"Dumm gelaufen"

Da hebt man ab: Zwei der bekanntesten Gesichter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Moderatoren Reinhold Beckmann und Johannes B. Kerner, fielen unangenehm auf, weil sie Grenzen zwischen Journalismus und Werbung verwischten oder sich für riskante Aktienabenteuer einspannen ließen.

Hans Leyendecker

In einer Telefonkonferenz kritisierte neulich NDR-Intendant Jobst Plog - wie früher schon - kommerzielle Exzesse bei den Gewinnspielen im eigenen Abend-Fernsehen. Der Konter kam prompt: ¸¸Das sagt der Vertreter der für Reinhold Beckmann zuständigen Anstalt", ätzte MDR-Intendant Udo Reiter.

Beckmann Kerner Geld

Heute ein König - nein zwei: Beckmannkerner und der Fußball.

(Foto: Foto: ddp)

Über Moral und Regeln im Journalismus halten die Intendanten der ARD und des ZDF kluge Vorträge - und nach handfesten Skandalen um Schleichwerbung im gebührenfinanzierten Programm haben sie auch allerlei Gebote und Verbote neu formuliert. Spätestens aber in diesen Tagen dämmert den Hierarchen, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit Riesen-Unterschiede bestehen. Zwei der bekanntesten Gesichter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Moderatoren Reinhold Beckmann, 50, und Johannes B. Kerner, 41, fielen auf, weil sie Grenzen zwischen Journalismus und Werbung verwischten oder sich für riskante Aktienabenteuer einspannen ließen.

Beckmann und Kerner - beide arbeiteten einst beim Fußballfernsehen ran des Privatsenders Sat 1 und sind heute freie, fürstlich bezahlte Unternehmer-Moderatoren, die aber vom Publikum wie selbstverständlich den jeweiligen öffentlichen Sendern zugerechnet werden. Kerner (ZDF) schafft im Jahr die rekordverdächtige Zahl von 142 Sendungen, Beckmann (ARD) kommt auf rund 60 Sendungen. Da hebt mancher schon mal ab.

"Dumm gelaufen"

Seit ein paar Jahren ist Kerner mit Joachim Hunold, dem Chef der Fluglinie Air Berlin, befreundet. Beide spielten zusammen Fußball. Als Kerner auf Einladung der Bunten den ¸¸Besten Fernsehkoch des Jahres" ausrief, weilte Hunold unter den Gästen und ernannte den Freund gleich zum ¸¸Gastgeber des Jahres". Wenn Kerner für den Bauer-Verlag die Verleihung des Medienpreises Goldene Feder moderiert, kann es passieren, dass - wie 2004 - Hunold von der Jury in der Sparte Unternehmenskommunikation prämiert wird. Man lebt, gewissermaßen, in Symbiose, was auch für einen Teil der Journaille gilt. Gegen Vorlage eines Presseausweises gibt Air Berlin Journalisten auf allen Reisen bis zu 50 Prozent Rabatt; 2005 sind nach Angaben des Billigfliegers 76 000 Buchungen derart abgewickelt worden. Zweimal war der Chef dieser spendablen Linie Gast im ZDF-Talk Kerner. Beim letzten Mal, am 22. November 2005, präsentierte der sehr freie ZDF-Mitarbeiter Kerner die Erfolgsstory Hunolds. Anfang Februar 2006 unterschrieb Kerner dann einen Vertrag, dass er für den Börsengang von Air Berlin (¸¸Nichts ist großartiger als der Erfolg") den Werbeonkel spielt. Seitdem trommelt er in Anzeigen und TV-Spots für ein Wertpapier, dessen Wert sehr umstritten ist. Es ist ein Risiko-Papier.

¸¸Wer fliegt auf diese Aktie?", fragte die Wirtschaftswoche und präsentierte auf dem Titel eine Zeichnung, auf der Kerner als eine Art Lügenbaron Münchhausen zu erkennen ist, der auf einem Jet reitet. Der Moderator fragte schon mal beim Presseanwalt Matthias Prinz an, was er dagegen machen könne, will aber offenkundig den Börsengang am morgigen Freitag abwarten. Gelogen hat er nicht: ¸¸Bei einer Aktie gibt es keine hundertprozentige Garantie auf eine Wertentwicklung", betont Kerner.

Die Unruhe beim ZDF ist beträchtlich - der Moderator ist eine Galionsfigur bei Sport und Spiel und wirkt schon mal gerne in journalistischer Funktion wie nach den Schul-Attentaten von Erfurt. Es kommt im ZDF nicht gut, wenn vor der Nachrichtensendung heute der Werbespot mit dem ¸¸Air-Berliner" läuft. Kerner hat sich, wie vertraglich vorgeschrieben, vom ZDF die Genehmigung geholt. Nun stehen neue Vertragsverhandlungen an. Zu erwarten ist, dass Kerner künftig keine Börsengänge mehr begleiten darf.

Reinhold Beckmann wiederum, Geschäftsführer der Firma Beckground TV, die für rund 6,5 Millionen Euro jährlich dem NDR und dem Ersten 38 Talkshows liefert, hat vertragsweise zugesichert, die ARD über seine Werbeauftritte vorab zu informieren. Er hat es versäumt, den NDR im Spätherbst 2005 zu benachrichtigen, dass er für die Versicherung WWK zum Thema Altersvorsorge werben wolle. Der Nebenverdienst fiel auf, weil Beckmann in einer Sendung im März mit Ex-Minister Norbert Blüm locker über die Rente sprach und mit ZDF-Kollegin Nina Ruge (Leute heute) jene Dame mitplauderte, die früher für WWK geworben hatte. Der Zuschauer erfuhr von all dem nichts. Im NDR heißt es, die Sendung wäre nie zu Stande gekommen, wenn man von WWK gewusst hätte.

Das Skript der Sendung liest sich nicht wie eine Produktwerbung - aber es ist eine peinliche Kombination. ¸¸Reiner Zufall, aber, ich gestehe: dumm gelaufen", sagt Beckmann. Eine ¸¸Interessenvermengung" habe es nicht gegeben. Nina Ruge sei als Buchautorin geladen gewesen und habe über den Krebstod ihrer Eltern geredet. Künftig will er Werbeverträge vorab mit dem NDR abstimmen. Ansonsten droht ihm Kündigung - oder zumindest eine Art Abmahnung.

Die Zeichen der neuen Zeit sind eindeutig: TV-Größen wie Thomas Gottschalk, Günther Jauch, Harald Schmidt oder Beckmann und Kerner inszenieren ihre Auftritte auf eigene Rechnung mit eigenen Firmen und sind für Werbung attraktiv. Mancher von ihnen, auch Beckmann, spendet einige Sonder-Einkünfte für gemeinnützige Zwecke - fürs Publikum aber ist der Journalist nicht von der Werbefigur zu unterscheiden. So wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk von Lebenslügen geplagt. Die Sender gehen einerseits gegen Schleichwerbung an - andererseits aber kassierte NDR-Sportchef und Hauptabteilungsleiter Gerhard Delling den Großteil seines außertariflichen Gehalts von einer ARD-Werbetochter. Und im WM-Jahr wird Fußball-Unternehmer Günter Netzer wie gehabt im ARD-Studio als Chefanalyst auftreten, während beim ZDF die Werbe-Ikone Franz Beckenbauer wenig auslässt.

Der ZDF-Höhenflieger Kerner hat unterdessen Gefallen am Element Luft gefunden. Am Mittwoch lud er die ¸¸Deutschen Meister im Papierfliegen" in seine Show.

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