Süddeutsche Zeitung

Eine Stimme macht Stimmung:Hypnoptisch

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Salif Keita feiert eine Afro-Party in der Muffathalle

Von Ralf Dombrowski, München

Die Tournee im vergangenen Winter hatte Salif Keita wegen gesundheitlicher Probleme abgesagt. Tatsächlich muss er als Albino in Afrika mit anderen gesundheitlichen - und kulturellen - Problemen kämpfen als seine Landsleute. Er hilft sich über die Musik, mit der er sich als Mittel der Verständigung über die Vorbehalte von Aberglauben, Unsicherheit, Fremdsein hinwegsetzt. Über die Jahrzehnte hinweg hat er damit einiges erreicht, dass etwas das Thema von Misshandlung und Ausgrenzung von Albinos öffentlich geworden ist.

Vor allem aber hat er sich zu einer Autorität der afrikanischen Musikwelt entwickelt, deren Aktivitäten von der Szene mit Neugier beobachtet werden. Zurzeit experimentiert Keita mit einer Verknüpfung musikalischer Stilelemente, die die Waage zwischen afrikanischer Klangtradition und elektronischer Moderne hält. Seine Band verzichtet auf den Bass, integriert dafür Sounds und dezent eingesetzte Loops aus dem Laptop. Balaphon und N'goni sind aus dem Line-Up verschwunden, neben der Perkussion ist lediglich die Kora als markantes heimisches Instrument geblieben. Die allerdings wird von Mamadou Diabaté gespielt, einem der amtierenden Souveräne der Harfe, der in der Muffathalle mit eigener Konzertsequenz die polyrhythmisch-melodischen Feinheiten dieses Kosmos' der mal fluide perlenden, mal scharf peitschenden Tonmäander entfaltet.

Ansonsten kommt viel zusammen: rockige Elemente mit Afro-Funk-Wurzeln, etwas Afro-Beat, die zyklischen Strukturmuster der frühen Ambassadeurs, Tanzeinlagen, Djembe-Salven. Und immer wieder Keitas Gesang, kehlig, beschwörend, in den intensiven Momenten hypnotisch. Gegen Ende des nur knapp eineinhalb Stunden kurzen Konzerts dürfen auch Tänzer aus dem Publikum auf die Bühne, zur Afro-Party-Sause. Das ist der Moment, da Salif Keita unauffällig von der Bühne verschwindet und seine Musiker ohne ihn fertig spielen lässt. Genug für München, der Meister zieht weiter.

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Quelle:
SZ vom 26.05.2017
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