Süddeutsche Zeitung

Französische Filmlegende:Jeanne Moreau ist tot

  • Jeanne Moreau ist im Alter von 89 Jahren gestorben.
  • Die französische Schauspielerin war einer der beliebtesten Filmstars der 50er und 60er Jahre und galt als Ikone der Nouvelle Vague.
  • Moreau war in mehr als 100 Filmen zu sehen, darunter in Louis Malles "Fahrstuhl zum Schafott", Michelangelo Antonionis "La notte" und Truffauts "Jules und Jim".

Die Schauspielerin Jeanne Moreau ist im Alter von 89 Jahren in Paris gestorben. Nach Angaben der Bürgermeisterin des 8. Pariser Bezirks wurde Moreau tot in ihrer Wohnung gefunden. Aus mehreren Quellen verlautete, ihre Putzfrau habe sie am Montagmorgen leblos aufgefunden.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sprach Moreaus Familie sein Beileid aus. Die Schauspielerin habe das Kino in seiner "Komplexität" und seinem "Anspruch" verkörpert, erklärte der Präsident.

Die Schauspielerin wurde am 23. Januar 1928 in Paris geboren. In den 1950er und 60er Jahren zählte sie zu den populärsten Filmstars der Nouvelle Vague. Noch heute gilt sie als eine der führenden Charakterdarstellerinnen Frankreichs. Sie wurde zur Kategorie der belles laides gerechnet, wörtlich übersetzt der "schönen Hässlichen", die nicht durch äußerliche Anmut, sondern durch die Verbindung von Erotik und charakterlicher Tiefe überzeugten.

Sie selber wusste das nur zu genau: Als der deutsche Regisseur Klaus Michael Grüber in den 70ern seinen Faust vorbereitete, bot er ihr die Rolle der Helena an, der schönsten Frau der Welt. Moreau lehnte ab. Sie hätte nur einen Sinn in dem Engagement gesehen, wenn sie den Mephisto hätte spielen können.

Ihr Theaterdebüt feierte die gebürtige Pariserin 1947, vor der Kamera stand sie 1948 zum ersten Mal. Der internationale Durchbruch gelang ihr neun Jahre später in Louis Malles Film "Fahrstuhl zum Schafott" (1957), mit dem die Nouvelle Vague begann.

Der Mythos der "la Moreau"

Malle hatte erkannt, welche Wirkung das raue Timbre ihrer Stimme und ihr aufreizender, doch zugleich eleganter Gang entfalteten. Ihre Distanziertheit, Anmaßung und Erotik begründeten den Mythos von "la Moreau", und Malle nutzte ihn auch in seiner Gesellschaftssatire "Les amants" (1958), die Stürme der Entrüstung auslöste und im Adenauer-Deutschland den Jugendschutz auf den Plan rief.

Als Muse der Nouvelle Vague blieb Moreau dem künstlerisch wertvollen Film verpflichtet und arbeitete mit den besten Regisseuren der Welt zusammen. Sie bedienten sich gerne des scheinbar mühelosen, künstlerisch strengen Talents der modernen Femme fatale, von der Truffaut sagte, sie habe alle Attribute einer Frau und auch alle Vorzüge eines Mannes, ohne seine Fehler zu haben.

In den Sechzigerjahren entstanden ihre wichtigsten Filme: Peter Brook gab ihr die Hauptrolle in seinem "Moderato Cantabile", Michelangelo Antonioni drehte mit ihr sein Meisterwerk "La notte", Truffaut verpflichtete sie in dem wohl besten seiner vielen Filme, "Jules et Jim", Orson Welles holte sie für seine Filmversion von Kafkas "Der Prozess". Luis Buñuel verlangte Moreau für die Rolle der Célestine in "Das Tagebuch einer Kammerzofe" ihr ganzes Ausdrucksspektrum ab.

Viel gefragt war sie auch bei deutschen Filmemachern. Rainer Werner Fassbinder holte sie als Puffmutter für "Querelle - Ein Pakt mit dem Teufel" (1982) vor die Kamera und Wim Wenders für "Bis ans Ende der Welt" (1991).

Mehr als 100 Film- und TV-Produktionen

Auch mit über 70 Jahren konnte Moreau noch die Kritik begeistern. Liebende, Hure, Nonne, Femme fatale und Königin: Die Tochter einer britischen Tänzerin und eines französischen Gastronomen hat so ziemlich alles gespielt.

In ihrer mehr als 50-jährigen Karriere, in der sie an mehr als 100 Film- und TV-Produktionen mitwirkte, habe sich der glamouröse Star seine Popularität bei Publikum und Filmemachern in der ganzen Welt bewahrt, sagte der ehemalige Berlinale-Direktor Moritz de Hadeln.

Neben der Auszeichnung als beste Darstellerin in Cannes verlieh ihr das Festival 2004 auch die Goldene Palme für ihr Lebenswerk. Ein Leben ohne die Schauspielerei konnte sich Moreau nicht vorstellen. "Ich höre erst auf, wenn ich tot bin", sagte sie einmal in einem Interview.

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