DVD:Wacklige Würde

Young ones
(Foto: Ascot Elite)

Eine Coming-of-Age- Kinogeschichte aus der nahen Zukunft, einer Welt der extremen Wasserknappheit und Dürre.

Von Fritz Göttler

Sie stehen sich gegenüber wie in einem Western, der erwachsene Mann und der Junge. Lass mich dir helfen, Ernest, sagt der Junge. Der andere geht langsam auf ihn zu, sein Gewehr über den Rücken gehängt. Wie schreibst du deinen Namen, fragt er, und der Junge buchstabiert: Jerome. Ich nenn dich lieber Jerry, sagt darauf der Ältere, und der Junge: Das will ich nicht. Und warum nennst du mich dann Ernest, fragt der Ältere, und der Junge: Das ist dein Name. Der andere blickt ihn traurig an: Ich würde es vorziehen, wenn du mich Vater nennen würdest...

Ernest und Jerome Holm, Vater und Sohn, die Beziehung zwischen ihnen ist merkwürdig sachlich, ausgetrocknet wie die Wüste, in der sie leben. Der Film von Jake Paltrow (dem Bruder von Hollywoodstar Gwyneth) zeigt Amerika in der nahen Zukunft, die vielleicht schneller als gedacht unsere Zukunft werden könnte. Das Wasser ist extrem knapp, wird staatlich rationiert und zu hohen Preisen verkauft. Ernest will sein Land nicht verlassen, Erinnerungen verbinden ihn damit, in denen es noch fruchtbar war. Seinen Kindern kann er das kaum vermitteln, dem Sohn Jerome und der verbitterten Tochter Mary (Kodi Smit-McPhee und Elle Fanning), und auch dem Nachbarssohn Flem nicht, gespielt von Nicholas Hoult, dem Jungkrieger aus dem neuesten Mad-Max-Film.

Der stoische Michael Shannon ist Ernest, eine der letzten Westernfiguren heute. Vor dem kleinen Namensgespräch mit dem Sohn hat er zwei Outlaws niederschossen, die sich an seiner Wasserstation zu schaffen machten. Ernest ist hart, aber es ist eine andere Härte als die, die seine Kinder entwickeln müssen. Sie kennt den Fatalismus nicht. Die Landschaft, der er so verbunden ist, erinnert an die Dust Bowl in den Dreißigern, das staubige, ausgedorrte Amerika der Depressionszeit, wie es Walker Evans und James Agee in Bild und Text dokumentierten. Seinen Pioniergeist hat dieses Amerika lang schon verloren, man betet um Regen, denkt daran, seine Babys gegen teures Geld zu verkaufen, aber durch die Wüste streichen noch die Klänge des letzten freien Radiosenders, der tatsächlich wie in den großen Zeiten Autos anbietet. Das Menschliche und das Mechanische gehen überlebenswichtige Symbiosen ein - Ernests Frau, die Mutter, lebt in einem Hospital, ein Prothesenwesen.

Es ist ein trauriger, kleiner, dystopischer Film, der sich aber intensiv für die Menschen und ihre Träume und Ängste interessiert. Unterstützung finden sie immer wieder bei Shadow, der mit bedächtigem Wiegeschritt Wüste und Berge durchquert - das treue mechanische Tragetier, das Ernest sich anschafft, als sein Maultier sich das Bein gebrochen hat. Ein Roboter, der einem kafkaesken Insekt gleicht und nicht so albern ist wie seine "Star-Wars"-Kollegen. Er hat eine wacklige Würde, die das Überleben in der Wüste möglich macht.

Young Ones, USA 2014 - Regie, Buch: Jake Paltrow. 100 Minuten, Ascot Elite.

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