Süddeutsche Zeitung

"Dschihad: Das Musical":Ich will sein wie Osama!

Ein durchgeknalltes Musical sorgt in Großbritannien für Ärger. Thema: Ein "irrer Galopp durch die Welt des internationalen Terrorismus".

Alexander Menden

Das britische Musiktheater hat sich schon vieler abseitiger Stoffe angenommen. Es gibt eine Gaddafi- und eine Jerry-Springer-Oper sowie Musicals, die den Contergan-Skandal oder das weibliche Klimakterium thematisieren. Doch die Show, die am Mittwoch beim Fringe-Festival in Edinburgh ihre Erstaufführung erlebt, stellt auch nach hiesigen Maßstäben ein abenteuerliches Experiment dar: "Dschihad, das Musical" ist laut den Machern ein "irrer Galopp durch die durchgeknallte Welt des internationalen Terrorismus".

"Geschmacklos"

Die musikalische Farce des Komponisten und Texters Ben Scheuer und seiner Partnerin Zoe Samuel erzählt die Geschichte des jungen afghanischen Bauernsohns Sayid, den eine "mysteriöse, verschleierte Frau" zum Handel mit Schlafmohn und schließlich zum Terrorismus verführt. Sayid wird von "singenden, tanzenden Gotteskriegern" einer Gehirnwäsche unterzogen. Die Reporterin Foxy Redstate entdeckt den Plan der Islamisten, ein "ungenanntes, prestigeträchtiges Ziel" in die Luft zu jagen, und versucht, Sayid für eine Exklusivstory zu gewinnen. Am Vorabend des Anschlags muss er sich zwischen den Dschihadis, den "blutrünstigen Medien" und seiner Familie entscheiden.

Bereits vor der Premiere regt sich Widerstand gegen das Musical. In einer Online-Petition auf einer Internet-Seite der britischen Regierung wird Premierminister Gordon Brown aufgefordert, "die geschmacklose Darstellung des Terrors und seiner Opfer in ,Dschihad: Das Musical' zu verurteilen". Anstoß nehmen die Kritiker des Werks unter anderem an einem Song mit dem Titel "Ich will sein wie Osama", der vorab bei YouTube veröffentlicht wurde.

Umtanzt von fünf Frauen in rosa Burkas, die Maschinenpistolen und Panzerfäuste aus Pappe schwenken, singt ein ehrgeiziger Terrorchef Zeilen wie "Ich weiß, dass die Menschen mich hassen werden, aber sie werden mich bei Gott nicht ignorieren, sobald die CIA mein Kopfgeld festgelegt hat" oder "Bitte lasst mich wie Osama sein, mit meiner eigenen Al-Dschasira-Sendung".

Co-Autorin Zoe Samuel fühlt sich fehlinterpretiert: "Die Unterzeichner der Petition missverstehen die Show", sagt sie. Das Musical stehe in der britischen Tradition, "angesichts einer schwierigen Situation seinen Humor zu bewahren". Das Stück sei von allen Moslems, die es gelesen hätten, "sehr positiv aufgenommen worden", so Samuel. Zudem habe der Osama-Song bei YouTube schon jetzt "erheblich mehr Zugriffe" als die kritische Petition.

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SZ vom 30.7.2007
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