Zum Tod von Doris Day:Mit mir nicht, meine Herren

Day

Doris Day wurde 1922 als Doris Mary Ann Kappelhoff in Cincinnati geboren, die Großeltern waren deutsche Immigranten.

(Foto: Associated Press)

Die Schauspielerin und Sängerin Doris Day überspitzte das Frauenbild der Fünfzigerjahre bis zur Karikatur. Jetzt ist sie im Alter von 97 Jahren gestorben.

Nachruf von Fritz Göttler

Das Lied, mit dem sie wohl am meisten assoziiert wird, klingt melancholisch und ein wenig fatalistisch, "Que sera, sera / Whatever will be, will be ..." Was sein wird, wird sein, sie singt es in "Der Mann, der zuviel wusste" von Alfred Hitchcock. Da spielt sie eine Arztgattin und Mutter, die mit ihrem Mann, Jimmy Stewart, und dem kleinen Sohn auf Ferienreise in Marokko ist, sie geraten ungewollt in eine politische Geheimdienst- und Attentatintrige, der Sohn wird entführt, um die beiden daran zu hindern auszupacken. Doris Day, im heftigsten Gewissenszwiespalt - jeder kennt die Szene, klassischer Suspense -, zögert lang, schreit dann aber doch auf, mitten im Konzert in der Royal Albert Hall, um den Killer am tödlichen Schuss zu hindern. Später dann, in der Botschaft des so geretteten Regenten, setzt sie sich ans Klavier und singt das Lied, das sie auch dem Sohn immer vorgesungen hat, "Que sera, sera ", immer lauter und schriller, das Lied kriecht durch das Treppenhaus und die Gänge der Botschaft, bis in das Zimmer, wo der Bub gefangen gehalten wird. Que sera, sera ..., aber Doris Day ist eben nicht schicksalsergeben, untätig, hinnehmend, was passiert, sondern energisch, aktiv, risikobereit.

Keine komplette, sondern eine plissierte Karriere

Das British Film Institute (BFI), als es Doris Day in den Achtzigern eine Retrospektive widmete, nannte diese "A Compleat Career". Keine komplette, sondern eine plissierte Karriere - englisch pleat = Falte. Und hat mit diesem Titel signalisiert, dass das Phänomen, der Star Doris Day, sehr viel mehr bedeutet als was man gemeinhin mit damit verbindet: ein blonder Star, strahlend, immer lachend und fröhlich, gesund, normal, bürgerlich, schmuck, verwegen, Hausfrau, Mutter, patriotisch, republikanisch, George-W.-Bush-Promoterin ... und 1967 hat sie eine eigene Tierschutzorganisation gegründet. Ein Inbegriff also des Fünfzigerjahre-Amerika. Das BFI konnte durchaus subversives Potenzial in dem Bild entdecken, das sie abgab.

Doris Day wurde am 3. April 1922 in Cincinnati, Ohio, geboren, als Doris Mary Ann Kappelhoff, ihre Großeltern waren deutsche Immigranten. Sie begann als Sängerin im Radio, einer ihrer frühen Hits war "Sentimental Journey", Anfang 1945. Ein Song, der schon mal klangvoll das Ende des Kriegs und die Rückkehr der amerikanischen Soldaten herbeiträumte. Ende der Vierziger fing sie an, Filme zu machen. Musikfilme zunächst, "Zaubernächte in Rio" oder "April in Paris" oder "The Pajama Game", dazwischen aber immer auch strenge, dramatische Filme. In "Young Man with a Horn / Der Jazztrompeter" von Michael Curtiz ist sie eine der zwei Frauen, die um die Liebe von Kirk Douglas kämpfen, der als Musiker Karriere machen will. Die andere Frau ist Lauren Bacall. Es ist ein musikalischer Film noir, verbissen und bitter. In "Storm Warning / Der Gefangene des Ku-Klux-Klan" ist sie eine junge Frau in einer Kleinstadt, ihre Schwester, ein erfolgreiches Modell aus New York, Ginger Rogers, kommt zu Besuch, sie wird Zeuge einer Klan-Attacke, es gibt brutale Intrigen und Druck von verschiedenen Seiten, Doris Days Mann ist einer der KKK-Leute.

Doris Day konnte sich die großen eleganten Männer der Fünfziger aussuchen

Den richtig großen Erfolg in Hollywood hatte sie dann in den Fünfzigern und Sechzigern, mit einer Reihe von Komödien, die auf sie zugeschnitten wurden und die im Fernsehen viele Jahre lang in schöner Regelmäßigkeit im Programm auftauchten. Amerikanische Stereotypie, und schon die Titel sind hier Programm: "Bettgeflüster", "Ein Hauch von Nerz", "Meisterschaft im Seitensprung", "Ein Pyjama für zwei", "Was diese Frau so alles treibt", "Eine zuviel im Bett". Doris Day kann sich da die großen eleganten Männer der Fünfziger aussuchen, mit denen sie sich einlässt: Rock Hudson, Cary Grant, James Garner. Die Frau in diesen Filmen ist selbstbewusst, kokett und komisch, nicht immer unschuldig, aber Nacktheit und Bettszenen sind eher selten.

Zweimal drehte sie in den Sechzigern mit Frank Tashlin, der am radikalsten die amerikanische Komödie zertrümmerte und sie dann aus den Einzelstücken wieder neu zusammenbastelte. Es sind zwei Agentenfilme, in denen, genregemäß, der Slapstick reaktiviert wird: "Spion in Spitzenhöschen / The Glass Bottom Boat", mit Rod Taylor, und "Caprice", mit Richard Harris. Als unbewusstes Opfer von Spionage-Intrigen entwickelt Doris Day eine hinreißende Naivität, mit doppeltem Rand.

Dieser doppelte Rand verzauberte auch die Leute vom BFI bei ihrer Retrospektive. Natürlich würdigten sie die eher abseitigen Stücke von Doris Day, "It Happened to Jane / Mit mir nicht, meine Herren", 1959, von Richard Quine, oder "Das Teufelsweib von Texas", 1967, wo sie sich im Wilden Westen durchaus wohlfühlt. (Auch Calamity Jane hat sie mal spielen dürfen.) In "Mit mir nicht, meine Herren" ist sie selbständig, sie hat eine Hummerzucht, und als sie Ärger kriegt mit dem Chef der lokalen Eisenbahn, legt sie sich, mithilfe von Jack Lemmon, eine eigene Linie und Lokomotive zu.

Die Unabhängigkeit, die sie in diesen Filmen entwickelt, schlägt auch auf die klassischen Komödien und Komödienrollen durch. Doris Day verkörpert so perfekt und makellos das amerikanische Frauenideal der Fünfziger, dass sie es karikiert und transzendiert.

Das Propere wird von Einstellung zu Einstellung suspekter und unergründlicher, das ist der Effekt dieser "compleat career". Am Sonntag ist Doris Day im Alter von 97 Jahren in Carmel Valley, Kalifornien, gestorben.

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