Dokumentarfilm:Unterwegs mit Gidon Kremer

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(Foto: Vertrieb)

Von Harald Eggebrecht

Unter den sonderbaren Heiligen der Musik in unserer Zeit ist der einzigartige Geiger Gidon Kremer ein ganz spezielles Kaliber. Mit seinen überraschenden Programmen hat er schon manchen Konzertveranstalter verstört, mit grenzenloser Klangfantasie das Publikum rund um die Welt gefesselt, indem er nicht einfach Stücke von irgendjemandem spielt, sondern unermüdlich den tieferen Sinn der jeweiligen Musik auf eine je spezifische Weise zu ergründen sucht.

In seinem Dokumentarfilm "Finding Your Own Voice", (als DVD bei accentus music), gelingt es Paul Smaczny, den immer nachdenklichen und eher scheuen Meister ungemein sensibel und unauffällig, gleichwohl höchst aufmerksam zu begleiten. Da steht Kremer im Innenhof eines Häuserblocks in seiner Geburtsstadt Riga und erzählt, wie sehr dieser Hof für ihn Freiheit von der Übefron bedeutete, zu der ihn der Vater streng anhielt. Oder wir schnüren gleichsam mit Kremer durch das Tschaikowsky -Konservatorium in Moskau, an dem er nicht nur beim großen David Oistrach studierte, sondern das überhaupt ein Ort voller Inspirationen für ihn war. Oder Smaczny beobachtet eine Probe der Kremerata Baltika. Daran nimmt der estnische Komponist Arvo Pärt teil, ebenfalls ein besonderer Heiliger der Musik: freundlich, sanft, und doch unerbittlich im Anspruch, den seine Musik bei der Realisierung fordert. Diskret ist die Kamera dabei, wenn Kremer eine Tochter in Paris und die andere Tochter in Moskau trifft. Natürlich klagt der Geiger über die Strapazen des Reisens, wenn es nach Tokio geht, und weiß doch, dass es keine Alternative zur lebendigen Begegnung mit dem Publikum im Konzert gibt. So rundet sich der Film zum behutsam-eindringlichen Porträt eines stets skrupulösen, aber nie zufrieden in sich ruhenden Künstlers, der im Geigenspiel seine ureigene Stimme immer neu finden will und muss.

Das bestätigt der Mitschnitt des Konzerts im Moskauer Gogol Center, bei dem Kremer die 24 Preludes von Mieczysław Weinberg spielt zu den intensiven Bildern, die der litauische Fotograf Antanas Sutkus in den Sechzigerjahren machte.

© SZ vom 02.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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