Süddeutsche Zeitung

Dokumentarfilm:Konstantin Grcic

Konzentrierte Nähe: Der Münchner Filmemacher Gereon Wetzel hat viel Arbeit in seinen Dokumentarfilm "Konstantin Grcic. Design is Work" gesteckt.

Von Laura Weissmüller

Es knirscht und knackt. Das Teppichmesser ratscht durch den dünnen Karton. Funken stauben knisternd, Metall wird gebogen, Eisen gegossen und durch die Marmorplatte arbeitet sich sirrend eine Steinsäge. Es sind diese Geräusche, die einem beim Betrachten des Dokumentarfilms "Konstantin Grcic. Design is Work" (DVD bei DOC Collection) das Gefühl geben, man könnte es fühlen: das Material, aus dem hier ein Objekt entsteht, den kaltglatten Marmor, das schwere Eisen oder das poröse Krepppapier. So unterschiedlich jedes Material ist, so sehr unterscheiden sich die Arbeitsschritte, die es braucht, bis ein Tisch nicht nur ein Gedanke, sondern ein Produkt ist, das jeder kaufen kann.

Es ist diese konzentrierte Nähe, die den Film des Münchner Filmemachers Gereon Wetzel so besonders macht. Wo andere einen Soundteppich ausrollen, hört und schaut (Kamera: Daniel Samer) er lieber aufmerksam hin. Das passt zu dem Menschen, dem er diesmal nah kommen darf. Nach Filmen wie "El Bulli. Cooking in Progress" über das Restaurant des Molekularkochs Ferran Adrià oder "How to Make a Book with Steidl" über den Kunstbuchverleger Gerhard Steidl, begleitete Wetzel ein Jahr lang den weltbekannten deutschen Produktdesigner Konstantin Grcic. Es dürfte kaum einen in seiner Branche geben, der so genau die Gegenwart in seiner Arbeit reflektiert wie ihn.

"Die Sprache ist in frühen Prozessen fast wichtiger als die Zeichnung", sagt Grcic einmal. Deswegen spricht er so präzise über eine Idee, dass seine Gedanken fast selbst Gestalt annehmen. Bis sie das dann tatsächlich tun und aus dem Pappmodell der Spotlight gekrönte Prototyp auf der Mailänder Möbelmesse wird, ist es ein mühsamer Weg. Grcic beschreibt die Rolle der Designer darin als Steuermann: "Wir halten die Dinge auf Kurs." Der Film macht klar, dass aus dem genialen Entwurf nichts wird, wenn das Team des Designers nicht funktioniert, der Auftraggeber - beeindruckend cool hier Eugenio Perazza - nicht aufgeschlossen ist und die Hersteller nicht sauber arbeiten. Das Zerlegen des Prozesses in seine Einzelteile nimmt dem Design nicht seinen Glamour. Ein gutes Produkt glänzt noch mehr, wenn man versteht, wie viel Arbeit darin steckt.

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Quelle:
SZ vom 07.04.2018
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