Doku über Kurt Cobain:Musikvideo für ADS-Patienten

Doku über Kurt Cobain: Montage of Heck

Schwere Kindheit, Rockstar, unglücklich: Nach "Montage of Heck" weiß man nicht viel mehr über Kurt Cobain als vorher.

(Foto: dpa)

Was für ein Film hätte das werden können! Die Dokumentation "Montage of Heck" über Kurt Cobain ist voll mit intimem Videomaterial. Doch die Macher interessierten sich mehr für filmische Tricks als für den Nirvana-Frontmann und sein Werk.

Von Jens-Christian Rabe

Zwei, drei einflussreiche Leute, so hörte man schon vor Monaten, soll der Dokumentarfilm "Montage Of Heck" von Brett Morgan vom Hocker gerissen haben auf amerikanischen Indie-Filmfestivals. Er handelt von der vorerst letzten ganz großen Rock-Ikone Kurt Cobain, dem Sänger, Songwriter, Gitarristen, Junkie und Mastermind der Grunge-Band Nirvana, der sich am 5. April 1994 , auf der Höhe seines Ruhms, in seiner Villa in Seattle erschoss.

Wirklich nachvollziehbar ist das große Lob nun aber leider nicht. Nicht zuletzt, weil die Cobain-Tochter Frances Bean Cobain als Produzentin beteiligt war, gibt es zwar Statements von Vater, Mutter, Stiefmutter, erster Freundin und Ehefrau Courtney Love und eine Menge ungesehenes Videomaterial bis hin zu Kindergeburtstagsschnipseln aus den Siebzigern. Aber wirklich getraut hat man der Kraft der Intimität offenbar nicht. Der Film ist mitunter so nervös geschnitten wie ein Musikvideo für ADS-Patienten.

Anders gesagt: Was für ein Film hätte das werden können, wenn sich die Macher für Mann und Werk mehr interessiert hätten, als für all die cleveren Tricks der filmischen Aufbereitung ihres Materials. Haben sie aber leider nicht.

Düstere Comic-Sequenzen mit autobiografischen Szenen

Man sieht also zum Beispiel immer wieder düstere Comic-Sequenzen mit autobiografischen Szenen, meistens sitzt darin der animierte Meister als jugendlicher Leidender mit hängendem Kopf auf einer Bettkante. Ein- oder zweimal können solche Visualisierungen ein Mittel sein. Spätestens beim sechsten Mal ist es enervierende Zeitverschwendung. Insbesondere, wenn es doch offenbar auch so viel alte echte Bilder gibt.

Am schlimmsten ist aber vielleicht, dass die Tonspuren meist so willkürlich dazumontiert sind, dass jeder Erkenntnisgewinn unmöglich wird. Man weiß also hinterher nicht mehr als vorher: Kurt Cobain hatte es als Kind nicht leicht, wurde ein begnadeter Songwriter und Rockstar, aber nicht glücklich. Dafür allerdings hätten auch drei Minuten gereicht. Über 125 Minuten ist das nur etwas für schmerzfreie Hardcore-Fans. Wenn überhaupt.

Kurt Cobain: Montage of Heck, USA 2015 - Regie: Brett Morgen. Kamera: Jim Whitaker. Schnitt: Joe Beshenkovsky. Arts Alliance, 132 Minuten.

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