Nach der Entfernung eines Kunstwerks mit antisemitischen Darstellungen auf der Documenta fordert der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, eine rückhaltlose Aufarbeitung der Vorgänge. Die Documenta habe "in massiver Weise Vertrauen in Politik und Kunstszene verspielt", sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Aufgabe müsse nun sein, den entstandenen Vertrauensverlust wieder aufzuheben.
"Auch eine klärende, glaubwürdige Stellungnahme des kuratierenden Kollektivs Ruangrupa würde dazu beitragen", sagte Klein.
Bei der am Samstag in Kassel eröffneten Documenta war auf einem riesigen Wimmelbild der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi ein Mann in Anzug und Krawatte zu sehen, haifischartige Raffzähne ragen aus dem Mund, daneben eine Zigarre. Eine angedeutete Schläfenlocke hängt herunter, auf dem Hut prangt die SS-Rune. Damit werden Juden mit Nazis gleichgesetzt.
Auf einem anderen Detail wird unter einem Kanonenrohr eine Person in Uniform gezeigt, sie trägt die Nase eines Schweins, das bei gläubigen Juden als unrein gilt. Auf dem roten Halstuch ist der Davidstern zu sehen, auf dem Helm der Name des israelischen Geheimdienstes Mossad. Nach öffentlichen Protesten wurde das Bild "People's Justice" am Montagabend zunächst mit schwarzen Tüchern verhängt, am Dienstagabend dann auf Beschluss des Documenta-Aufsichtsrates entfernt.
Volker Beck verlangt Rücktritt von Documenta-Direktorin
Derweil werden auch Forderungen nach personellen Konsequenzen lauter. "Die Generaldirektorin der Documenta, Sabine Schormann, muss unverzüglich zurücktreten oder vom Aufsichtsrat abberufen werden", sagte der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIF), der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck, dem Kölner Stadt-Anzeiger. Zuvor hatte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, für personelle Konsequenzen ausgesprochen.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, es gelte, "schonungslos aufzuklären, wie es zu diesem beschämenden Vorfall kommen konnte und wer wann für welche Entscheidungen konkret Verantwortung getragen hat". Das Wichtigste sei, dass daraus auch Konsequenzen gezogen würden. "Wer diese menschenverachtenden Ausfälle gutheißt, darf in Deutschland nicht die Verantwortung für ein international bekanntes Kulturevent tragen."
Am Mittwoch hatte auch Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, die Documenta aus Protest nicht besuchen zu wollen. Der Jüdischen Allgemeinen sagte er über eine Regierungssprecherin, er finde "die besagte Abbildung in Kassel abscheulich". Scholz forderte ebenfalls "Konsequenzen" und richtet sich damit eindeutig an "die Documenta-Leitung".